Als dieser Tage eine junge
Frau voller Erwartung und Erregung ihr Zalando-Paket entgegennahm
und sogleich die Innereien der frisch bestellten Handtasche
erkundete, fingerte sie überraschenderweise keine Pflegeanleitung
für Leder heraus, sondern eine noch ganze Zwiebelmettwurst.

Eigentlich
hätte die Kundin schreien müssen vor Glück, schliesslich ist
so eine Zwiebelmettwurst mit 60-prozentigem Schweinebauchanteil
(mittelfett) eine bekömmliche, vitaminreiche und beliebte Zwischenmahlzeit
in der Vorderladerpfalz und einigen Fernfahrerkneipen in Ostwestfalen.
Doch diese undankbare Frau (100-prozentig akademisch und laktosefrei,
doppelmager) beschwerte sich lauthals und bitterlich auf Facebook
über den Online-Händler, dessen Kundenwursttheke auch nicht
stimmig erklären konnte, wie das Lebensmittel ins Accessoire
geriet.
Ein Skandal. Jeder weiss, dass
übermässiger Verzehr von Gammelfleischbatzen, gesottenen Pansen
und grobem Mett in Damenhandtaschen ohne Senf krebserregend
sein kann. Zudem führt das Zalando-Beispiel auf drastische Weise
den Ansehensverlust eines urdeutschen Kulturguts vor Augen.
Früher wurden Metzger und Wurstfachverkäuferinnen in diesem
Land verehrt wie heute Daniela Katzenberger, Grünkohl-Smoothies
oder bayrische Ministerpräsidenten. Zahllose Currywurst-Zipfel
machten Schauspielkarrieren, glänzten in komplexen Hauptrollen
wie etwa im Kölner "Tatort" oder überzeugten in hormonell
anspruchsvollen Pornoproduktionen (Ohne Ketchup und Pelle).
Die genialen Pressköpfe der "Frankfurter Schule" begründeten
die wichtigste philosophische Schule nach dem zweiten Schlachtfest,
die "Dialektik der Aufbrühung" wurde zum Bestseller
in links kokelnden Universitätskantinen. Selbst unsere Politikredaktion
leistete sich jahrzehntelang mehrere Bratwurstkorrespondenten
in Berlin, die Minister und Staatssekretäre im Wochentakt grillten.
Verarbeitetes
Fleisch war aus dem Alltag nicht wegzudenken. Ein typisches
Herrengedeck nach Feierabend bestand aus einem Korn, einem saftigen
Bierschinken und einem frisch gezapften Schwartenmagen im Glas.
Extrawürste im Golddarm waren in der Deutschen Bank an der Tagesordnung.
Man zuzelte sich nach oben. Der Gesetzgeber verabschiedete poetische
Wortkreationen in Aspik, so schlapp und salzig wie eine geräucherte
Meterwurst: Asylbewerberleistungsgesetz, Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz
oder auch Wohnungsgeberbestätigung. Deutschland, einig Wurstland.

Doch
damit ist jetzt Schluss. Nördlich des Seehofer'schen Weisswurstäquators
verweigern linksliberale Hipster, Teilzeit-Veganer und Flüchtlingsversteher
die tägliche Gesichtsrasur, um nicht mit einer bleichen, glatten
CSU-Wurst verwechselt zu werden. Zudem ergab eine aktuelle Studie
der Weltgesundheitsbehörde zur Religiösität der Deutschen, dass
lediglich jeder dritte Befragte noch an das ewige Leben glaubt,
jeder zweite aber unter Flatulenzen leidet. Das kann uns nicht
wurscht sein.
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