Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. September 2015)
 
Jenseits von Frankfurt am Main
 

   Nach einem sensationellen Archäologiefund in Südafrika muss die Geschichte der Menschheit, wenn nicht gar die des Automobils, in weiten Teilen umgeschrieben werden.

   Leider hat diese Neuigkeit bisher nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient gehabt hätte; ein Indiz dafür, dass die Welt diese Woche mit anderen Dingen beschäftigt war: 70 Jahre Kaiser Franz, 75 bis 95 Jahre Karl Lagerfeld (die Geschichtschreibung rätselt noch), und rechtzeitig zur Rekordregentschaft der Queen verkündete der Discounter Lidl, dass er demnächst im Buckingham-Palast eine Filiale eröffnen wolle.



   Als ob dies nicht genug gewesen wäre, feierte man in Deutschland die beginnende Brunft der Hirsche (Obacht in der Dämmerung!) und die Heimkehr der letzten Urlauber von ihrem Auslandseinsatz. Da hatte der Homo naledi es schwer, ins mediale Rampenlicht zu kommen.

   Nun aber sollten wir für ihn die Korken knallen lassen, denn der Frühmensch, eine Mischung aus Affe und Apple-User, hat es verdient, soll er doch vor Jahrmillionen schon nicht nur seine Spezies zu Grabe getragen haben, sondern auch Autofriedhöfe angelegt haben. In einer Zeit, als auf der Nordhalbkugel Fred Feuerstein und Barney noch in feinstaubfördernden Steinzeitmobilen herumkurvten, war der Homo naledi am Kap breits guter Hoffnung, ein mit Elefantendung befeuertes Öko-Auto zum Laufen zu bringen.

   Auf der dieser Woche in Frankfurt beginnenden Internationalen Automobilausstellung (IAA) wird man Homo naledi gekonnt ignorieren und weiter so tun, als sei der Kübelwagen eine deutsche Erfindung. Offenbar ist man berauscht von seinem eigenen Erfolg, steht das selbstfahrende Automobil doch so gut wie vor der Serienreife. Bereits im Sommer 2016 wollen sämtliche deutschen Automobil-Hersteller Fahrzeuge auf den Markt bringen, die ohne fremdes Zutun in den Urlaub fahren, dort frühmorgens am Pool die Handtücher auslegen und es auch sonst krachen lassen wie ihre menschlichen Besitzer.



   Für die Fahrzeughalter und deren Angehörige bedeutet dies endlich stau- und stressfrei Urlaub machen. Daheim bleiben, die Füsse hochlegen und hin und wieder einen Blick in die Garage werfen, ob die Karre wirklich im Ausland seinen Dienst schiebt. Kleiner Gag am Rande: Natürlich bereitet es den rollenden High-Tech-Rechnern kein Problem, Urlaubsbilder nach Hause zu senden. Wer den Aufpreis nicht scheut, kann seinen Wagen mit einer zusätzlichen App zum Verschicken von Postkarten bestücken.

   Da die meisten der auf der IAA präsentierten Fahrzeuge sich in technischer Hinsicht kaum noch unterscheiden, versuchen die Hersteller mit Service und Originalität zu punkten. Die Autos etlicher Anbieter aus Fernost kann man inklusive IAA-Hostess leasen. Europäische Hersteller haben die automüde Jugend im Visier. Beim Kauf eines Smartphones mit Vertrag gibt es einen internettauglichen Kleinwagen gratis. Eine schicke Idee, auf die nicht mal Homo naledi gekommen wäre.

 

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