Sommermorgens: Frühstückszeit.
Man weiss, dass man sich im Szeneviertel einer süddeutschen
Grossstadt befindet, wenn im Cafe zwei Bartträger in Begleitung
ihrer transsexuellen Smartphones bei einem Glas Bio-Holunderschorle
ein typisches Männergespräch führen, in dessen Verlauf 792-mal
die Vokabeln "organisch" und "achtsam" fallen.
Während
der mit der Smoothie-Wampe das schlechte Klimagewissen plagt,
weil er sich in seinem frisch erworbenen Eigenheim in City-Lage
den Luxus eines beheizten Toilettensitzes mit Stuck leistet,
tröstet ihn sein Kumpel (Ringelsocken) mit einer neuen Rezeptvariante
für den etwas anderen Guacamole-Dip. Es kommt die gepiercte
Kellnerin vorbei, die eigentlich studierte Archäologin und Ausdruckstänzerin
ist, und wirft mit ihrem tätowierten, muskelbepackten Arm zwei
vegane Wraps mit Hummus hin. Leider hat sie die Kresse vergessen.
Der Ringelsocken-Typ ist den Tränen nahe wie letztens Claus
Kleber im "Heute Journal". Sieht trotzdem alles lecker
aus.

Aber
irgendwann ist auch mal gut. Schliesslich gibt es sie noch,
die echten Männer. Die eiskalt duschen. Die föhnen wie Donald
Trump. Nach Irisch Moos riechen, Die das Horoskop in der Sonntagszeitung
lesen. Blutwurstfrühstück fassen. Mit ausgeschalteter Sitzheizung
im Familienpanzer zum Stammtisch um die Ecke fahren. Drei Parkplätze
vor der Kneipe zustellen. Kleines Herrengedeck anweisen. Und
noch eins, sich heiser bellen. Das Phrasenschwein füttern.
Doch
dieses Ideal verliert sich in der Provinz wie das Haar auf dem
Hinterkopf, das traditionelle Männerbild hat in den Metrolen
ausgedient. Wo man früher in Trinkhallen auf Pomadenpfützen
ausrutschte, öffnen nun Creative Labs, die nach Lavendel duften.
Nicht nur das Obst uf den Bäumen wird weich. Der Flüchtlingsbeauftragte
der Regierung Till Schweiger entschuldigt sich für sein perfektes
Mantafahrer-Deutsch. Ein knallharter Nachrichtensprecher fängt
an zu schluchzen. Wilfried von den Wildecker Herzbuben zeigt
sich beim "Promi Big Brother" kurzatmiger als ein
Mops. Und der neue Pumuckl? Hat Magersucht wie ein Schwabinger
Hipster. Wie bemerkte Hugo Egon Balder so klug: "Früher
gab es Sex, Drugs und Rock'n'Roll. Heute haben wir Frauenquote,
Rauchverbot und Laktoseintoleranz."

Dieser
Wandel der Geschlechterrollen geht selbst an konserativen Parteien
nicht spurlos vorbei. Die CDU beispielsweise hat dieser Tage
eine Parteireform angekündigt, wonach sie jünger werden wolle,
weiblicher, frei nach dem Motto: Wandel durch Anbiederung. Um
in den Ballungsräumen mal wieder eine Bürgermeisterwahl zu gewinnen,
werden ausgewählte Leistungsträger mit Kastenbrillen und Vollbärten
zum Ankleben ausgestattet. Künftig sollen alle aussehen wie
dänische Fenstersimsdekorateure. Volker Kauder war gestern für
eine Stellungsnahme nicht zu erreichen. Anscheinend war der
Zuchtmeister der Unionsparteien noch auf einer Dienstreise.
Wahrscheinlich eine Craft-Beer-Verkostung in Kreuzberg.
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