Haben Sie auch die Bilder
aus Pamplona gesehen? Gut, das ist ein bisschen wie bei „Dinner
for One“, dieselbe Prozedur wie im letzten Jahr. Junge Kerle
rennen vor und neben noch jüngeren Stieren her und man fragt
sich: Ist es möglich, dass man so was im nüchternen Zustand
tut?
Wir waren auch mal junge Stiere,
fuhren zu schnell durch die Gassen unserer Vorstädte, hinterliessen
im Asphalt Hufabdrücke aus Gummi. Und heute? Heute rolle ich
über die Landstrasse und freue mich, wenn sich die Nadel des
Drehzahlmessers in einem Bereich einpendelt, den mein Autohersteller
als „öko“ bezeichnet. Wenn ich durch die Pampa gleite, werde
ich manchmal von hinten von einem jungen Stier bedrängt. Ich
lasse ihn ziehen, soll er seine Hörner an einem anderen abstossen.

Früher
wollte ich Kontinente durchqueren. Fahren wurde zelebriert,
ich sass rindslederbehandschuht hinterm Steuer. Warum die Leidenschaft
auf der Strecke blieb? Ich weiss es nicht. Vielleicht sind die
Grünen schuld. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich fahrerisch
alles erreicht habe, was man als durchschnittlich begabter Automobilist
erreichen kann. Ich kam unfallfrei durch die Nordschleife auf
dem Nürburgring; ich trieb auf der Autobahn die Tachonadel eines
Sportwagens an die 300-km/h-Marke. Man soll das Glück nicht
überstrapazieren.
Neulich fuhr ich
mit meinen Fahrrad durch Südfrankreich. Die Strasse stieg leicht
an. Zu meiner linken tauchten hinter einem Zaun junge Stiere
auf. Sie glotzten mich an und verschwanden. Bis auf einen, der
begann zu rennen. Ich wunderte mich, warum er vor mir herlief,
bis ich sah, dass er ausserhalb des Zauns war. Es war kein angenehmes
Gefühl. Ich verlangsamte meinen Tritt, nicht dass der Kerl in
Panik die Marschrichtung ändert. Irgendwann querte er die Strasse,
verschwand im Dickicht. In Pamplona brauche ich mich mit der
Geschichte nicht blicken zu lassen.
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