Es mag sich um fehlerhafte
Synapsenverknüpfungen infolge Blow-ups im Frontallappen durchgeschwitzter
Grosshirnrindenbahnen handeln. Doch dass in den letzten Monstersommertagen
allenthalben von einer Sehnsucht nach einem Plan B die Rede
ist, hat schon etwas Bedrohliches. Wie ein Samstag ohne Bundesliga.
Oder ein Bier am Stiel.
Eine tiefe
Verunsicherung wabert wie eine stickige Dunstglocke über den
dampfenden Köpfen. Kinder schreien, Deos versagen, Mücken stechen.
Jemand brüllt "Oxi", ein anderer zitiert Karl Marx.
So ein Murks. Die Vernunft weicht einem unablässigen Kalkulieren,
Finanzieren, Interploieren. Wer heute nicht erfolgreich in die
eigene Tasche rechnen kann, wird Journalist ohne Perspektive,
Büchner-Preisträger oder einer dieser berühmten Griechen "von
der Strasse". Alle anderen wissen: Unterm Strich zähl'
ich.

Mal
ehrlich: In jedem von uns steckt ein klitzekleiner Schäuble,
der mit blutleeren Lippen die Schuld stets beim anderen sucht.
Solidarität ist schliesslich keine Einbahnstrasse in den Süden,
und die Zahlen werden nicht vom Sonnenbad bei der Demo auf dem
Syntagma-Platz schwarz! Man nehme sich bloss ein Beispiel. Um
den persönlichen Nobody-Mass-Index zu ermitteln, multipliziert
der sparsame Durchschnittsdeutsche minütlich die Tageshöchsttemperatur
im eigenen Schlafzimmer im Quadrat mit der Anzahl der Augenringe
in Merkels Gesicht und dividiert das Ergebnis mit dem Kursverlust
an der Börse in Schanghai. Das Ergebnis? Eine Hotpants-Debatte
und 53,3 Milliarden Euro auf dem Wunschzettel. Toll, was?
Doch
es bleiben noch Fragen. Ab welcher Körbchengrösse stellen eigentlich
nackte Männerbrüste im Freibad ein öffentliches Ärgernis dar?
Bis zu welchem Alter sind frisch getrennte Top-Models wie Lena
Gercke im internationalen Spitzenfussball der Herren überhaupt
noch vermittelbar? Ab welcher Länge gilt eine Reformliste als
Reformliste? Und, wer hat den Längsten, pardon, die längste?

Wie
schön wäre es, denkt sich nicht nur der alternativlose Bernd
Lucke, wenn es auch anders ginge, wenn jemand einen Plan B wie
einen weissen Hasen aus dem Zylinder rupfen könnte. Wobei nicht
klar ist, was "Plan B" überhaupt bedeutet. Viele glauben,
"Plan B" sein ein Synonym für "Alternative".
Irrtum, B steht für Balkan - und das verheisst Übles. Vor gut
100 Jahren hatte der Generalstab Österreich-Ungarn zwei Angriffspläne.
Der Plan "R" galt Russland, der Plan "B"
stand für Balkan. Jeder weiss, wie die Sache endete, im Chaos.
Die Kanzlerin müsste gewarnt sein. Südlich von Wien sind Zahlen
nur Schall und Rauch. Die balkanische Mathematik geht nämlich
so: Man wankt in eine Kneipe und feiert und beisst ins Glas,
bis der Sanitäter kommt. Wer die Zeche zahlt? Mal der eine,
mal der andere - und manchmal der auch der Wirt. Unterm Strich
echt solidarisch. Das Leben ist viel zu kurz für lange Reformlisten.
Und wer schon keinen Plan "A" hatte, dem hilft auch
kein Plan Bäh mehr.
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