Aus aktuellem Anlass richten
wir unser Wort heute an die Jugend.
Liebe
Kinder, diese Woche hat eine kleine, ältere Dame unser Land
besucht, die hat einen Beruf, den gibt es bei uns nur noch im
Märchen. Die ältere Dame ist Königin und kommt von einer Insel,
auf der es merkwürdig zugeht. Da fahren die Autos auf der falschen
Strassenseite, in den Klos liegen Teppichböden und im Bad gibt
es zweierlei Wasserhähne. Aus einem kommt kaltes, aus dem anderen
heisses Wasser. Will man sich beim Händewaschen nicht die Finger
verbrennen, muss man flugs zwischen den Wasserstrahlen hin-
und herwechseln. Für die Menschen von der Insel ist das wohl
eine Art von Frühsport.

Wir
erzählen euch deshalb vom Besuch der alten Dame, weil mit den
Menschen, die sie besucht, meist merkwürdige Dinge geschehen.
Um ein Haar wäre dieser Artikel nicht erschienen - und das kam
so. Eigentlich sind wir in der Redaktion der Meinung, dass man
den Chef von einem Land wählen soll. Aber das die alte Frau
Chef von England ist, finden wir okay. Jedes Mal, wenn wir sie
winken sahen, haben wir zurück gewinkt. Egal, ob das im Internet,
im Fernsehen oder in der Zeitung war. Manche von uns haben gar
nicht mehr aufgehört zu winken, weshalb sie ihre Winkehand irgendwann
kaum noch bewegen konnten. Lasst euch sagen, Kinder, es ist
kein Kinderspiel, mit einer Hand eine Zeitung zu machen.
Wir
hoffen nur, Menschen aus anderen Berufen haben nicht auch so
viel gewinkt. Wir glauben nicht, dass man mit nur einer Hand
einen Mercedes bauen kann oder einen Menschen operieren kann.
Ein Atomkraftwerk mit einer Hand abschalten geht wohl schon.
Immer,
wenn die ältere Dame mit ihrem grossen Auto zu sehen war, mussten
die Älteren unter uns an ein lustiges Lied aus den achtziger
Jahren des letzten Jahrhundert denken. Es heisst "Eine
Königin mit Rädern unten dran" und der Refrain geht so:
"So rollt sie durch ihr Reich, / vom Gebirge bis zum Teich.
/ Sie rollt und rollt ganz ungeniert, / wie toll sie sie dabei
noch regiert."
So richtig regieren
tut die Königin von der Insel nicht mehr. Eher winkt sie, schüttelt
Hände und bekommt von Kindern bunte Blumensträusse. Auch legt
sie mal einen Kranz nieder und gern lässt sie sich in ihrem
grossen, grossen Auto dort chauffieren, wo andere nicht fahren
dürfen, etwa durchs Brandenburger Tor in Berlin.

Das
Auto, das sie von der Insel mitgebracht hat, ist eine tolle
Erfindung. Es hat einen speziellen Schleichgang und die Sitze
hinten kann man so einstellen, dass die kleine Königin genauso
gross wirkt wie ihr doppelt so grosser Mann, der bloss Prinz
ist. Bei der Fahrt durchs Brandenburger Tor war die Königin
hinten drin nicht angeschnallt. Das darf man nur als Königin
im Schleichgang.
Noch eines, Kinder,
falls euch jemand erzählen sollte, wir bräuchten keine Königin,
wir hätten da noch einen Kaiser Franz. Das kann man aber nicht
vergleichen. Der ist nämlich gar kein echter Kaiser. Der war
früher nur Fussball-Gott.
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