Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. Mai 2015)
 
Sie sind wieder da
 

   Deutschland stand in dieser Woche im Zeichen des Abstiegskampf. Und inmitten all dieser Blutgrätschen, Beleidigungen, Affentänze. inmitten von Heulen und Zähneklappern, zwischen jäh aufkeimender Hoffnung und ferkelhafter Verhöhnung tauchte ein Gespenst aus der Vergangenheit wieder auf. Ein Club, der einst Klasse und elitäre Brillianz verkörperte, der leuchtende Spielerpersönlichkeiten hervorbrachte, danach aber von Intrigen zerfetzt, in den Strudel des Abgrunds gerissen, verhöhnt, stigmatisiert und ins Abseits gedrängt wurde. Ein Club, dessen Vereinsfarben Gelb und Blau einst mit Stolz durch die Arenen wehten, danach verschämt in den hintersten Winkel der Kommode vergraben wurden. Wie?! Gelb-Blau? Wer das sein soll, wollen Sie wissen? Nun, wir sprechen natürlich von der FDP.



   Die Liberalen erleben einen kometenhaften Wiederaufstieg. Sie errangen mindestens fünf, vielleicht sogar sieben oder 8,34 Prozent jener in einigen Stadtstaaten verstreuten Wähler, die noch ihre Stimme abgaben. Analysten sprechen von einem starken Signal aus der Mitte der Bevölkerung für eine lebendige, angstfreie Bewegung. Inhaltlich hat sich die FDP auf ihrem jüngsten Parteitag neu aufgestellt. Statt der Vereinsfarben Gelb-Blau dominiert ein Telekom-Magenta, ein bis ins ocker-zimtige spielende Gelb und ein Blau, das ans Spiel der Wellen an einem mediteranen Strand erinnert, wo sich die Sonne in den Proseccogläsern bricht und junge Leistungsträger sorgenvoll auf die überegulierte Heimat blicken. Aus diesem hellen Blau stieg einst der Sage nach die Göttin Europa ans Gestade. Es ist das Blau der Freiheit, das Rosa der Toleranz (ja, auch in sexueller Hinsicht) und das Gelb eines Windsor-Krawattenknotens, dessen verschlungene Pfade auch die Irrungen und Wirrungen der Liberalen symbolisiert.

   Die Farben, die mancher als Bonbon-Kolorierung schmäht, erinnern an die 80er Jahre, jene goldene Ära, in der sich Leistung lohnte, Kapuzenpullis nur im Boxring getragen wurden, jeder die Schulbildung bekam, die seine Eltern verdienten, und die TV-Serien nicht "Breaking Bad", sondern "Miami Vice" hiessen. In Maggie Tatchers Handtasche verwesten die Überreste der Gewerkschaft, und Hans-Dietrich Genschers knarziges Idiom sedierte Kritiker, Kriegsparteien, Aufrührer und Stammtische. Handys waren so gross wie Kalbsknochen und hatten dennoch keinen Internetzugang.


   Die FDP wird diese Welt wiederherstellen. Ein erster Schritt, die Freigabe von Canabis, ist getan. Der Ortsverband der Liberalen in Kabul, der sich besonders für die Freigabe stark macht, wurde von den Deligierten mit herzlichem Beifall empfangen. Allerdings: Unter dem Einfluss von Tetrahydrocannabinol hörten viele Deligierten plötzlich die Stimme von Rainer Brüderle und waren danach nicht mehr fähig, einen FDP-Krawattenknoten zu schlingen. Aber schön war's trotzdem.

 

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