Diskriminierung fängt oft
im Kleinen an, etwa bei der Behauptung, dass zwischen Frauen
und Männern ein kleiner Unterschied bestünde. Der Unterschied
mag im Einzelfall betrachtet klein sein, aber die Folgen sind
mitunter gewaltig, wie man an einigen in Köln neu eröffneten
Toilettenanlagen sehen kann.
Wollen
Frauen die stillen Örtchen aufsuchen, müssen sie 50 Cent berappen.
Männer können umsonst pinkeln, nur fürs grosse Geschäft hinter
verschlossener Tür sind ebenfalls 50 Cent fällig. Das hinterlässt
nicht nur bei Ihnen, meine Damen, sondern auch bei einfühlsamen
Männern meines Schlags ein ungutes Gefühl.
Auf
die himmelschreiende Ungleichbehandlung angesprochen, verwies
die stellvertretende Leiterin des Amts für Brücken- und Strassenbau
auf die „hohe Wildpinkler-Problematik“ im Zusammenhang mit Männern,
soll heissen: Würde man von Männern für die Benutzung des Urinals
Geld verlangen, würden diese das Klo weiträumig umschiffen und
sich am nächstbesten Baum Erleichterung verschaffen.

Was
auf den ersten Blick ungerecht und frauenfeindlich erscheinen
mag, ist bei genauer Betrachtung womöglich eine pragmatische
Lösung, mit der Männlein wie Weiblein ganz gut leben können.
Denn was steckt da dahinter, meine Damen, dass der Mann, bevor
er in die Tasche greift, lieber an einen Baum strullt?
Bedeutet
das nicht, dass der Mann weit weniger domestiziert ist, als
von ihm gemeinhin behauptet wird? Dass der Mann nach wie vor
das animalische Wesen ist, als das Sie ihn lieben und schätzen
gelernt haben? Ist das nicht eine erfrischende Erkenntnis, für
die man gern bereit ist, beim Toilettengang etwas tiefer in
die Handtasche zu greifen als die Kerle? Denken Sie dran, sollte
er Sie demnächst mit seinem Schnarchen um den Schlaf bringen.
Hier röchelt ein kaum zu bändigendes Vieh, ein famoser Wildpinkler.
Ich
hoffe, es ist mir mit diesem Text gelungen, aus der Notdurft
des Mannes eine Tugend zu machen.
|