Es musste ja so kommen.
Nach der Bremer Bürgerschaftswahl ist der Markt für politisch
unerfahrene Blondinen ohne Parteibuch wie leer gefegt. Echthaarperücken
sind nur noch in den Farbnuancen "Frittengelb" und
"Hrubesch-Gold" erhältlich. Frauen und Cabriohalterinnen,
die entfernt an den jungen Heino oder eine weizenblonde Schönheit
und Gucci-Taschen-Trägerin wie Lencke Steiner erinnern, erzielen
Spitzenwerte bei Nichtwählern, Protestwählern und Fans von "Germany's
Next Topmodel", was so ungefähr dasselbe ist. Ein Desaster.

Während
Kleinstwesenforscher noch über die inhaltlichen Motive für die
völlig überraschende Vermehrung der FDP-Wahlpopulation an der
Weser spekulieren (Klimawandel? Morbus Lindner?), haben die
Strategen der grossen Volksschrumpfparteien längst ihre oberflächigen
Lehren aus dem Wahldesaster in der Hansestadt gezogen. Weder
rot, grün noch schwarz scheint die Hoffnung der Parteiendemokratie
zu sein. Blond ist die Zukunft. Beste Aussichten für rhetorisch
begabte Schaumfestiger.
Nun denn. Jürgen
Klopp wird möglicherweise neuer Trainer bei Real Madrid - oder
Berti Vogts. Hauptsache blond. Anders die AfD-Frauke Petry findet
frisurtechnisch noch keine farblich passende Alternative für
Parteichef Bernd Lucke und plädiert daher für einen radikalen
Schnitt im Nackenbereich - oder einen Rechtsruck in der tiefbraunen
Scheitelgegend.
Die SPD denkt längst
darüber nach, ihre Generalsekretärin (dunkelhaarig, intellektuell)
durch einen linksföhnenden Star-Coloristen zu ersetzen, um bei
den kommenden Wahlen wieder mehr Stimmen zu ondulieren. Arbeiterlieder
werden umfrisiert ("Völker, tönt die Signale!"), zerzauste
Parteiprogramme auftoupiert und an der Sonne gebleicht. Genossen
mit Resthaar sowie noch nicht zurück- oder komplett weggetretene
sozialdemokratische Bürgermeister bekommen champagnerfarbene
Strähnen verpasst, um sich künftig deutlicher von anderen Parteien
abzugrenzen wie etwa ... auch egal. Der grau melierte Joachim
Gauck warnt bereits vor einer Blondifizierung der Gesellschaft
und drohte erneut mit einer pastorellen, abendfüllenden Rede
zu irgendeinem historischem Thema.

Man
muss es aber versuchen. Schliesslich ist die Wahlmüdigkeit und
geistige Klumnachtung unserer Tage ein riesengrosses Problem,
nicht nur für Bremen und die Demokratie, sondern auch für all
jene Männer, die ihre willensschwache Frauen morgens dabei zusehen,
wie sie bei diesem ekligen Aprilwetter im Mai zwischen zwei
Paar Schuhen schwanken. Stundenlang! Stets fragt man sich im
Leben, was besser ist: Riemchensandale oder Gummistiefel? Gucci
oder Jute? VfB oder Kickers? Ausharren oder streiken? FDP oder
etwas Lilablassrosa? Die Entscheidung fällt immer schwerer.
Und am Ende sitzt man auf einer Couch, glotzt den "härtesten
Abstiegskampf aller Zeiten" (BILD), liest eine blond gefärbte
Glosse und vergisst das Ankreuzen. Tja.
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