Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. Mai 2015)
 
Was hinten rauskommt
 

   Er wolle mal ein wenig aus den "Innereien der Politik" erzählen, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Donnerstag auf einem Empfang in Berlin. Daraufhin zog sich seinen Mitarbeitern der Magen zusammen, denn das wäre ein Fall von Geheimnisverrat. Gabriel ist schliesslich Vertreter eines Staatsorgans. Und so ein Staatsorgan hat den Mund darüber zu halten, was die anderen Staatsorgane im politischen Organismus den ganzen Tag so treiben.

   Die Befürchtung seiner Mitarbeiter erwies sich allerdings als unbegründet. Gabriel redete dann doch nicht frei von der Leber weg, sondern plauderte ein paar Belanglosigkeiten aus. Es ging darum, was er die Kanzlerin bei der Aufarbeitung der NSA-Spähaffäre in kleinen Kreis gefragt und was sie geantwortet habe. Der Einblick in die "Innereien der Politik" gipfelte in dem Hinweis, dass sich Gabriel als Wirtschaftsminister halt für die Belange der Wirtschaft interessiert. Was den Neuigkeitswert angeht, ist das in etwa so, als würde einer am Stammtisch sagen: Zwischen Leber und Milz passt immer noch ein Pils.



   Weil aber der Deutsche sich schwer für Innereien zu interessieren scheint - man denke nur an den Erfolg des Buches "Darm mit Charme" - fasst sich unsere Redaktion für Medizin und Wirtschaft ein Herz und versucht in dieser Kolumne auf gallige Art und Weise den politischen Organismus näher zu erklären. Wir wollen das mal durchgehen am Beispiel der Steuerentlastung, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für 2016 in Aussicht gestellt hat.

   Zunächst einmal: Der Staat ist gefrässig. Dieses Jahr nehmen Bund, Länder und Gemeinden insgesamt rund 667 Milliarden Euro an Steuern ein - das sind fast 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Trotzdem machen viele Länder und Kommunen immer weiter Schulden, trotzdem verkommt die Infrastruktur, trotzdem verlottern Strassen und Schulen. Wie kann das sein?

   Offensichtlich liegt hier eine Organismusstörung vor. Das Hirn, das zumindestens an der Metzgertheke zu den Innereien zählt, funktioniert nicht richtig. Hirnlos wird Geld ausgegeben, der ganze politische Organismus ist darauf ausgelegt. Das Geld wird aber nicht in die Zukunft investiert, sondern vervespert - für sogenannte Sozialausgaben, für angeblich notwendige Umverteilung. Jeder, der Einblick in die "Innereien der Politik" nehmen durfte, weiss das. Keiner sagt was. Es ist ein Schauspiel. Nach jeder Wahl macht der Wahlsieger demonstrativ einen "Kassensturz" und tut dann schockiert, weil ihm die Vorgängerregierung so gar nichts übrig gelassen hat. Ausser natürlich noch mehr zwangsläufige Ausgaben und noch mehr Schulden.



   So wächst der Organismus, wird fett, träge und immer teurer. Damit der Steuerzahler trotzdem bei Laune bleibt, werden ihm regelmässig Entlastungen in Aussicht gestellt, für die es eigentlich gar keinen Spielraum gibbt. Entsprechend fallen sie dann auch aus. Die Entlastung nächstes Jahr soll pro Steuerzahler und Monat gerade mal drei Euro betragen. Das ist das, was hinten rauskommt.

 

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