Diese Kolumne hat sich seit
jeher dem Wahren, Schönen und Guten verpflichtet, was in diesen
Zeiten gar nicht so einfach ist. Aber wer genau hinsieht, der
entdeckt doch immer wieder Leuchtfeuer der Humanität, Reinheit
und Eleganz. Da wäre beispielsweise ... also da gab es doch
... genau ... und wirklich hübsch war es doch auch ... fällt
uns jetzt gerade nicht mehr ein. Doch! Der Frühling.

Der
Frühling kam mit einer solchen Macht über Deutschland, dass
die Rehe halb blind von der Sonne durch Wald und Flur stolperten,
Liebesschwüre den Äther verstopften, der Nachschub an bulgarischen
Sonnenbrillen stockte und sogar erbitterte Pegida-Jünger einige
Geranien in die vergitterten Fensterhöhlen ihrer migrationsgesicherten
Mehrraumwohnungen stellten. Der Frühling streckte uund reckte
sich, warf einen verächtlichen Blick nach Griechenland und drang
nach bis nach Salzburg vor, wo ein älterer Herr mit Raubvogelgesicht
ins Freie trat und den millimetergenauen Abstand seiner Tomatenpflanzen
überprüfte.
Der alte Mann fühlt durch
die die warme Sonne einen nie empfundenen Wunsch zur Versöhnung
aufkeimen und denkt an seinen Kontrahenten in Wolfsburg. Soll
er ihm ein Bukett mit Lilien und Kurbelwellen schicken? Ihn
zu gemeinsamen Daumenschrauben mit dem Steckschlüssel einladen?
Ihm vorschlagen, die Ehefrauen mal zu tauschen? Ein Anschein
von Altersmilde durchzeiht das Gesicht des Raubvogels. Ach,
das ferne Wolfsburg mit seinem emsigen Erfüllungsgehilfen! Qualmende
Schlote, Roboter, Motoröl. Hier in Salzburg herrscht dagegen
reine Göttlichkeit. Nur er selbst lenkt hier den Phaeton, den
Sonnenwagen mit sprachgesteuerten Navigationssystem und LED-Dachhimmel
durch die Alpen-Arkadien. Doch was ist das? Diese Spur des Rasenmähers
in seinem dreitausend Quadratmeter grossen Park? Sie weicht
im Abstand von mehreren Mikrometern von ihrer Parallelität ab.
Unfassbare Schlamperei! Der Raubvogel misst rasch nach. Tatsächlich!
Per torsionsfestem Edelstahl-Handy lässt er mit leiser Stimme
den Gärtner hinrichten. Der Frühling macht sich derweil aus
dem Staub.

Doch
abseits der Gewitterwolken über Salzburg herrscht bukolische
Heiterkeit in Europa. Daran ist vor allem die Natur schuld,
die sich der still stehenden Eisenbahnzüge bemächtigt hat. Grünes
überwuchert die Gleise, dringt in die Wagons vor, schlürft den
Rest-Kaffee aus den Mitropa-Automaten und verwandelt die Erste-Klasse-Abteile
in feucht-tropische Klimazonen. Das wirft den Kontinent in seiner
technologischen Entwicklung weit zurück, Denn eigentlich galt
die Natur als domestiziert und sollte über kurz oder lang abgeschafft
werden. Dies zeigen die Vorbereitungen für die Expo in Mailand,
auf der gezeigt wird, wie die Menschheit in der Zukunft ernährt
werden kann. Die Lösung ist der 3D-Drucker: Er wird Currywurst
und Vitello tonnato aus dem Schacht werfen, während daneben
ein Schnitzel im Reagenzglas heranwächst. Die Jahreszeiten sind
damit überflüssig. Und auch Kolumnen wie diese,
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