Seit er denken kann, träumt
der Mensch vom Fliegen. Was zu teils halsbrecherischen Flugmaschinen
und nicht selten zu Schlagerzeilen wie dieser geführt hat: "Wenn
ich ein Vöglein wär, ..." Auch ich hätte bis vor kurzem
bedenkenlos das Lied geträllert - doch seit ich diese Woche
von einer Studie der kanadischen University of Guelph Wind bekommen
habe, bin ich weit davon entfernt, mich auch nur gedanklich
in die Lüfte zu schwingen.

Wissenschaftler
hatten einen winzigen Singvogel mit dem hübschen Namen Streifenwaldsänger
erforscht und dabei herausgefunden, dass die Tiere auf ihrem
Flug von Nord- nach Südamerika oft Tausende Kilometer über dem
offenen Meer flögen. In zwei bis drei Tagen würden sie nonstop
bis zu 2500 Kilometer zurücklegen. Schon bei dem Gedanken daran,
aus eigener Kraft übers offene Meer fliegen zu müssen, mache
ich mir in die Hose. Ich glaube nicht, dass eine volle Hose
die Flugeigenschaften über dem offenen Meer verbessert.
Wer
jemals ins südliche Spanien kutschiert ist, weiss, bereits bei
2500 Kilometer ohne Unterbrechung auf dem Landweg kriegst du
einen Vogel. Aber da kannst du wenigstens rechts ranfahren,
wenn dich der Hunger oder die Blase plagt. Aber so über dem
Meer, unter einem nichts als Wasser und Haie.

Ich
meine, manchmal ist es schon recht verantwortungslos, wie die
Natur das eingerichtet hat. In dem Punkt hätte sie sich ruhig
mal ein Vorbild an uns Menschen nehmen können. Es ist ja keine
Willkür, wenn LKW-Fahrer alle paar Stunden eine Pause einlegen
müssen und nach neun Stunden Feierabend ist. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass ein Singvogel bis zum Ende eines Langstreckenflugs
höchst konzentriert ist.
Also wenn
ich ein Vöglein wär, tät ich nicht den Schnabel halten, sonderm
dem Vogelschutzbund was zwitschern. Und ganz sicher würde ich
mir keinen Namen wie Streifenwaldsänger verpassen lassen, der
nicht im mindestens darauf hinweist, wo der Hase im Pfeffer
liegt.
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