Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (05. April 2015)
 
Melkkuh droht Blitzkrieg
 

   So wetterwendig der April in den ersten Tagen war, eines lässt sich jetzt schon mit Gewissheit vohersagen: Mitte des Monats wird es Blitze hageln.

   Um das zu wissen, bedarf es keiner meteorologischen Kenntnissen, es reicht, wenn man die Nachrichtenlage der zurückliegenden Woche im Blick hat. Am 21. März meldeten die Agenturen, dass am 16. April der nächste bundesweite Blitz-Marathon anstehe. Im ersten Moment erging es unserem Redaktion-Driving-Team wie Millionen Autofahrern. Wir hatten gehofft, das sei ein Aprilscherz. Aber am 31. März macht man keine Aprilscherze. Noch nicht mal am 1. April macht man Aprilscherze, jedenfalls zu diesem Thema. Es gibt humoristische Grenzen.



   Als Erstes bekam der Handel die Auswirkungen zu spüren. In Erwartung von Bussgeldbescheiden sank die Kauflaune. Der vorösterliche Umsatz brach ein. Der Deutsche Osterhasenbund (DOB) protestierte scharf: "Nicht genug, dass wir lange Ohren haben. Jetzt dreht man uns auch noch eine lange Nase. Selbst wenn Herrschaften namens Hase bekanntlich nichts wissen, dass wir auf unseren Eiern sitzenbleiben werden, ist eiklar."

   Harsch auch die Reaktion der Vereinigung Mama-Taxi (VMT). Ohne eine gewisse Toleranz gegenüber Geschwindigkeitsüberschreitungen sei das tägliche Arbeitspensum nicht zu bewältigen. Die VMT schlug vor, wenigstens auf Routen wie Wohnort-Kindergarten-Discounter oder Wohnort-Schule-Nagelstudio nicht zu blitzen. Oder das Kindergeld "Bussgeld-kompatibel" anzuheben.

   Erstaunlich mild fiel die Reaktion des ADAC in München aus, was damit zu tun haben könnte, dass die Reiseabteilung der Freie-Fahrt-für-freie-Bürger-Bande von einst mittlerweise E-Bike-Ferien von Helgoland bis Lummerland anbietet. Nur aus einem Gau im Nordschwarzwald, bis zu dem es sich nicht herumgesprochen hatte, dass es nun "Regionalclub" heisst, wurde unter der Überschrift "Melkkuh der Nation droht Blitzkrieg" eine Protestnote übermittelt.



   Immerhin, man scheint aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Die Besatzung der Internationalen Raumstation ISS wurde über den Blitz-Marathon in Kenntnis gesetzt. Sie hatte letztmals "extreme Gewittererscheinungen über Deutschland" ans Kontrollzentrum gefunkt. Da insgesamt 21 europäische Länder Jagd auf sportliche Autofahrer machen, ist ein kontinentales Wetterleuchten zu erwarten.

   Die Mehrheit der Deutschen Schnellfahrer lässt sich wohl auch dieses Mal nicht ausbremsen. Verkehrspsychologen befürchten gar, ambitionierte Automobilisten könnten die mediale Aufmerksamkeit nutzen, um Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen und diese dann schneller als die Polizei ins Netz zu stellen.

   Zuletzt schien so etwas wie Entspannung aufzukommen. Die Polizei, hiess es, werde mit Radarpistolen von Heckler & Koch auf Raserjagd gehen, deren Treffsicherheit bei Dauerbeschuss nachlasse. Doch die Nachricht datiert vom 1. April. Es wird also ernst.

 

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