Aus dem Kühlschrank hört
man die rhytmische Schnappatmung der ausharrenden Käse-Igel.
Das Massagekissen tanzt sich allmählich in Ekstase wie die Hamburger
FDP. Und der neue Kaffeevollautomat mit dem praktischen Schlauch
zur parktischen intravenösen Direkteinspritzung ist auch schon
verstöpselt. Kurzum: Der Countdown läuft wie geschmiert. Nur
noch wenige Stunden sind es bis zum wichtigsten Kulturereignis
des Jahres.

Dabei
handelt es sich nicht um den letzten "Tatort" mit
Joachim Król als trübsinnigen Hauptkommisar Steier (endlich!).
Nein, gemeint ist die Verleihung des der begehrten Film-Oscars
in Los Angeles mit all dem sinnlos umherschwirrenden Stargeschmeiss
(kreisch!). Doch die Nacht der Nächte ist auch eine Entäuschung
für jene Regisseure, Requisiten und Wasserträger, die in diesem
Jahr nicht nominiert worden sind. Unser preisgekrönte Feuilletonredaktion
(Schwarzer Gürtel, Siegesurkunde Bundesjugendspiele 1979) hat
die wichtigsten aller übergangenen Meisterwerke der letzten
Zeit zusammengefasst.
Da wäre zunächst
das Roadmovie "Ziemlich beste Freunde" von Django
Varoufuckis. Der Quentin Tarantino des hellenischen Autokinos
erzählt in dieser benzingeschwängerten Kapitalismussatire die
Geschichte eines abgebrannten Athener Bikers mit Krawattenallergie,
der bei einem älteren deutschen Rollstuhlfahrer mit Kontoblähungen
als duldsame Pflegekraft unterhalb des Mindeslohns anheuert.
Doch als Gianis nach entbehrungsreichen Jahren in einem Brief
(auf Altgriechisch) höflich um eine Gehltserhöhung (in Euro)
ersucht, gerät die Situation ausser Kontrolle, Der senile Wolfgang
sieht dunkelrot und löst die Handbremse. Zahlreiche Reszenten
lobten das zarte Muskelspiel der beiden Hauptdarsteller sowie
den hypnotisierenden Klangteppich des Soundtracks, der stark
an das Wiehern eines Trojanischen Pferdes im Hof eines schwäbischen
Abdeckers erinnert.

Oder
"Fifty Shades of Grau", eine dreistündige Pornografiefantasie
eines jungen, erfolgreichen und virilen Angestellten, der sich
nach Feierabend in der Steinzeugabteilung seines Baumarkts einschliesst
und mit einer unersättlichen Dekorfliese ein dreckiges Liebesspiel
aus Dominanz und Unterwerfung vollführt. Seit dem Start glühen
die Kinokassen wie die Lenden eines einsamen Nacktmulls. Dank
dieser Hommage an die Farben Steingrau, Mausgrau und sexy Staubgrau
wird in diesem Land nun offener über Sadomasochismus, Kabelbinder
und Fugenkleber gesprochen.
Und nicht
zu vergessen: Der abartige Zukunftsthriller "18 Stunden
sind kein Tag" von Rainer Maria Hassfinder. In einem superreichen,
von einem Algorithmus namens "Angela" regierten Staat
mitten in Europa schuften im fernen Jahr 2015 Millionen Tagelöhner,
um am Ende nichts zu haben, weder Geld, Ansehen noch Perspektiven.
Ein atmosphärisch-dichter Albtraum in Schwarz-Rot-Gold. Das
Drehbuch? Schrieb das Leben selbst. Oscarreif.
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