Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (15. Februar 2015)
 
Punkten mit Putin
 

   Grosses Lob an unsere Mutti. Nach allgemeiner Einschätzung hat unsere Bundeskanzlerin vergangene Woche die Welt gerettet, indem sie um die Welt gejettet ist. Rund 20 000 Kilometer soll Angela Merkel nach ersten Hochrechnungen in sieben Tagen zurückgelegt haben, um den Ukraine-Konflikt zu entschärfen. Danach flog sie zurück nach Europa und zog den aufmüpfigen Griechen den Zahn.

   In die allgemeine Begeisterung über Dr. Merkels Arbeitseinsatz mischen sich allerdings auch besorgt-kritische Stimmen: Wie oft kann Angela Merkel noch solche Kraftakte meistern, ohne an Geist und Körper Schaden zu nehmen? Klar, 60 ist kein Alter bei heutigem Renteneintrittsalter von 76 und mehr, aber 17 Stunden lang mit Russlands Präsident und Separatistenversteher Putin verhandeln, das hält doch kein Mensch aus, ohne eine Flasche Wodka Gorbatschow zu trinken.



   Aus Regierungskreisen wird versichert, Merkel trinke, wenn überhaupt, nur guten Rotwein. Alkohol vertrage sie zudem sehr gut, sogar gegen Schnapsideen sei sie weitgehend immun.

   Allerdings kann auch Schlafmangel einen betrunken machen. Längerfristig können sogar Depressionen die Folge sein. Merkels Hinweis, sie könne Schlaf tanken wie ein Kamel Wasser, beruhigt die Kritiker nicht wirklich. Sie fragen sich, wann Merkel eigentlich den Schlaf tankt, den sie für ihre Auslandseinsätze braucht. Bei Bundestagssitzungen oder im Kabinett? Merkels Arbeitsweise scheint jedenfalls zu sein, aussenpolitisch macht sie die Nächte durch, innenpolitisch schläft sie sich aus.

   Die Bundeskanzlerin kann sich das aber auch leisten, denn in der Innenpolitik ist nicht mehr viel los. Wenn Arbeit auch mit Geräuschen verbunden ist, dann hat die grosse Koalition ihre Arbeit weitgehend eingestellt. Nicht einmal von Horst Seehofer hört man noch etwas, aber vielleicht spart sich der bayrische Ministerpräsident seine nächsten Querschüsse für den Politischen Aschermittwoch auf.

   Merkel hat zudem klar erkannt, dass in der Aussenpolitik es sich viel leichter punkten lässt. In Minsk haben sich die Konfliktparteien auf eine Erklärung mit 13 Punkten geeinigt. Selbst wenn es etwas lange gedauert hat, ist das immer noch fast ein Punkt pro Stunde. In der Innenpolitik hingegen braucht die Kanzlerin in der Regel mindestens zwei Wochen, um sich mit der sperrigen Schwesterpartei CSU auch nur auf einen Punkt zu verständigen.



   Die Opposition hat es da einfacher. Oskar Lafontaine zum Beispiel zauberte als Chef der Linken im Jahr 2008 mal ein 100-Punkte-Programm aus dem Hut. Welche Regierung schafft denn sowas?

   Eine hohe Punktezahl garantiert allerdings noch lange keinen Erfolg. Hitler ging mit einem 25-Punkte-Plan ins Rennen, Pegida startete immerhin mit 19 Programmpunkten. Inzwischen sind die Forderungen der Islam-Kritiker - wie die ganze Bewegung - auf nur noch sechs Punkte zusammengeschrumpft. Ein schlauer Mensch hat mal gesagt, es kommt nicht auf die Anzahl der Punkte an, sondern auf deren Qualität. So ist es, Punkt.

 

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