Anfang der Woche, es war
ein wolkenverhangener Dienstag, ging plötzlich die Sonne auf.
Die britische "The Times" hatte gemeldet, dasa Boulevard-Blatt
"The Sun" werde künftig auf der dritten Seite keine
blanken Brüste mehr zeigen. Frauenverbände jubelten ob des Sieges
der guten Sache, auch Teile unserer Redaktion waren ganz aus
dem Häuschen, wenn auch aus anderen Gründen.
Dann,
am Donnerstag, der Tiefschlag. "The Sun" strafte die
Ankündigung der im selben Verlag erscheinenden Schwesterzeitung
"The Times" Lügen, indem das Revolverblatt auf der
dritten Seite wieder nackte Tatsachen zeigte. Womöglich war
alles nur ein billiger PR-Coup, um das Augenmerk der Männerwelt
auf die leicht geschürzten Damen zu richten - und beiläufig
daran zu erinnern, welche Boxenluder-Karrieren auf der dritten
Seite der "The Sun" ihren Anfang genommen hatten.
Depression bei den Frauen-Verbänden. Teile unserer Redaktion
waren am Boden.

Zu
erwähnen wäre, dass es sich um männliche Teile handelte. Genau
genommen ging es um einen mit dieser Kolumne betrauten Kollegen.
Der glaubte, mit der Abschaffung der Seite-drei-Girls in der
"The Sun" sei seine Sternstunde gekommen, was Sie
jetzt bitte nicht in den falschen Hals bekommen mögen. Der Kollege
wollte nicht blankziehen. Sein Plan war folgender:
Egal
wie man zu den Seite-drei-Mädchen von "The Sun" steht.
Mit dem Einstellen der Busenfotos würde eine Lücke in der Presselandschaft
entstehen - und die sollte von dieser, unserer feinen Kolumne
geschlossen werden. Und zwar genau an dieser Stelle.
Als
kunstsinniger Mensch, als der sich der Kollege versteht, hatte
er nicht vor, den Kolumnentext durch ein profanes Bild zu ersetzen.
DIe Idee war, Ihnen die Nacktfotos nach guter altmeisterlicher
Manier in einer Art Bildbeschreibung näherzubringen. Wir hätten
versucht, in sinnlichen Worten die zentrale Figur des Fotos
herauszuarbeiten, beginnend mit dem Wichtigsten (dem Körper),
aber auch das Unwichtige (die Landschaft) nicht vernachlässigend.
Selbstverständlich hätten wir auch den ästhetischen Gesamteindruck
des Bildes gewürdigt, und Sie hätten erfahren, ob eher ein Chirurg
oder mehr ein Photoshop-Artist zum Gelingen des Gesamtkunstwerks
einen Beitrag geleistet hatte.

Der
Clou aber wäre der gewesen: Da wir auch die darbenden Inselbewohner
in Grossbritannien mit unserenm Seit-zwei-Girl erfreuen wollten,
hätte dies zwangsläufig eine englischsprachige Ausgabe nach
sich gezogen. Bei entsprechendem Erfolg hätten wir auch vor
anderen Weltsprachen nicht zurückgeschreckt.
Lediglich
der Titel dieser Kolumne hätte leicht geändert werden müssen,
um dem Inhalt Rechnung zu tragen. Bedenkt man, welche Busenfreundinnen
"The Sun" in all den Jahren ins Licht gerückt hat,
hätte sich "Dinger der Woche" geradezu aufgedrängt.
Aber daraus wird ja nun leider nichts.
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