Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (23. November 2014)
 
Schulden sind das neue Sparen
 

   Sparen ist keine Tugend mehr, das muss der Deutsche endlich begreifen. Die Commerzbank hat vergangene Woche als erste Grossbank Grossanlegern Strafzinsen angedroht. Wer meint, er könne Millionen bei der Commerzbank parken, soll künftig ein Knöllchen bekommen. Die Bank will unser Geld nicht mehr, sie hat genug davon. Sie hat sogar so viel Geld, dass sie nicht mehr weiss, wohin damit.

   Warum das so ist, das ist eine lange Geschichte. Es hat damit zu tun, dass fast alle europäischen Staaten seit langem über ihre Verhältnisse leben, dass einige Banken wegen Fehlspekulationen in der Klemme sind und dass die Europäische Zentralbank deshalb beschlossen hat, die Märkte mit Geld zu fluten, indem sie das Geld so billig wie möglich macht.



   Es ist nämlich so: Der Mensch will höchst ungern kürzertreten, den Gürtel enger schnallen. Deshalb sind schmerzhafte Einschnitte, die eigentlich notwendig wären, politisch nicht durchsetzbar. In so einem Fall bleibt einem nichts anderes übrig, als sich mit der Situation anzufreuden. Man sagt: Och, eigentlich sind diese Schulden, die wir haben, gar nicht so schlimm. Wenn ich es mir so recht überlege, sind sie sogar gut, super, spitze, das einzig Wahre. Wie konnte ich früher bloss ohne diese Schulden leben?

   Diese Selbsttäuschung funktioniert natürlich nur, wenn möglichst viele daran glauben. Deshalb hören wir letzte Zeit so viel von Sparwahn, Spardiktat und Kaputtsparen. Das Sparen muss so lange diskreditiert werden, bis alle überzeugt sind: Schulden sind das neue Sparen.

   Man kann sehr gut mit Schulden leben, sogar mit noch immer mehr Schulden. Man muss sich das nur oft genug sagen, dann haben Raum und Zeit keine Bedeutung mehr, dann überwindet man die Naturgesetze und das kleine Einmaleins. Das ist wie mit den Leuten, die barfuss über glühende Kohlen gehen können. Alles nur eine Frage des Willens.



   Schützenhilfe kommt aus der Wissenschaft. Ein Ökonom aus Oxford hat diese Tage vorgeschlagen, zur Ankurbelung der Wirtschaft jedem EU-Bürger 500 Euro zu geben. Die hauen wir dann auf den Kopf, und schon sind die Kopfschmerzen weg. Im Fachjargon nennt man das Helikoptergeld, weil man das Geld genauso mit einem Helikopter abwerfen könnte. Wenn das Ganze nich klappt, nennt man das Rohrkrepierer.

   Geld, das vom Himmel fällt - am liebsten glauben unsere Politiker an diesen Traum, denn sie tragen für die Schulden ja die Verantwortung. In den Parlamenten gibt es längst eine Märheit, die jeden eingenommenen Euro dreimal wieder ausgibt. Noch bekennt man sich nicht offensiv zum Schuldenmachen, aber das wird sich ändern. Dann wird die schwäbische Hausfrau, mit der Kanzlerin Merkel lange Zeit als Vorbild hausieren ging, durch die rheinische Frohnatur ersetzt. DIe kauft auf der Kö mit der Kreditkarte ihres Mannes ein, bis der Überziehungsrahmen ausgeschöpft ist.

   Nur gut, dass wir nicht auch noch den Kindern ihre Sparschweine wegnehmen müssen. DIe haben wir ja Gott sei dank längst geschlachtet.

 

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