Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. November 2014)
 
Wellness-Oase Armee
 

   Ein älterer Herr mit kantigen Gesichtszügen streichelt versonnen über die goldenen Sterne, Orden und Knöpfe seiner Uniform. Er setzt seinen neuen, indirekt beleuchteten Dreispitz auf und salutiert vor sich hin. Draussen bereiten Handwerker den Einbau der neuen Spa- und Wellness-Oase in jene Kaserne vor, die zu den Vorzeigeprojekten der jetzt eingeleiteten Bundeswehrreform gehört.

   Der ältere Herr erinnert sich: Ja, das Militär. Früher ein gediegener Herrenclub, in dem man Zigarre rauchend Frontverläufe und Kesselschlachten nachspielte und jenen erotischen Kitzel spürte, wenn die Kompanie die Höhe 345 erobern musste und dabei bis auf den letzten Mann aufgerieben wurde. Und die Manöver! An jeder Ecke standen junge Mädchen und warfen Blumenkränze auf die Truppe. Das Material war vom Feinsten. Die Unimogs hielten bis zum Aldi am Ortsausgang durch, bevor ihre Achsen knirschten, die Zylinderköpfe ölig dampften und aus dem Getriebe Geräusche kamen, die an die Schritte eines jungen Revierförsters im Unterholz erinnerten.



   Dann hiess es: Eingraben und den Atomschlag anfordern. Und am Ende kam der Befehl zur Biervernichtung. Ein hehres Glänzen schimmert in den Gesichtszügen des Offiziers. Doch genug geträumt. Jetzt wird alles wieder wie früher. Die Bundeswehr wird zur Schule der Nation, in der auch Frauen, Migranten, Akademiker und Übergewichtige einen Platz finden. Das Bundeswehrattraktivitätsförderungsgesetz überfordert zwar die linguistischen Fähigkeiten der meisten Unteroffiziere, wirkt aber wie ein Jungbrunnen auf die Truppe.

   Endlich werden wieder Grossmanöver veranstaltet. Panzerkeile, die tief in die Weichteile des Gegners stossen! Fallschirmjäger, die wie Ausrufezeichen am Himmel stehen! Und vorn, hart am Feind, die getarnten Buggys vom Typ Eichhörnchen aus den neuen Bundeswehr-Kitas, die in Zangenbewegungen den Feind umfassen. Für altgediente Frontschweine ein ungewohnter Anblick, aber die Zeit bleibt nicht stehen. Dass viele Rekruten bei dem Befehl, die Bajonette aufzupflanzen, nach Blumenerde fragten, hat die Ausbilder irritiert. Nun ja, das Erbe des Pazifismus ...

   Der Computer des Offiziers rattert, eine Mail schiesst sich den Weg frei. Ah, die Einladung zum Manöver: "... freuen uns auf eure Teilnahme. Wer Lust hat, bringt Kuchen und gute Laune mit." Und hier der militärische Menüplan: "Erster Tag, Ausrücken und Einkehr am Einsatzort mit Hirschrücken an Balsamiko-Sosse. Zweiter Tag: Erkundung, dann Asia-Frontcooking unserer phillippinischen Verbündeten. Dritter Tag. Heimaturlaub nach zwei Tagen im Felde, wahlweise veganes Menü oder grosser Guderian-Burger, auf Wunsch blutig." Augen und Uniform des Offiziers strahlen und funkeln. Eine über der Kaserne schwirrende Drohne wird dadurch geblendet und stürzt ab. "Halten nichts aus, diese Dinger. Jetzt aber erst mal ins Kasino. Auf dem neuen Flachbildschirm laufen die 230 schönsten Kavallerieattacken der Militärgeschichte."

 

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