Ein älterer Herr mit kantigen
Gesichtszügen streichelt versonnen über die goldenen Sterne,
Orden und Knöpfe seiner Uniform. Er setzt seinen neuen, indirekt
beleuchteten Dreispitz auf und salutiert vor sich hin. Draussen
bereiten Handwerker den Einbau der neuen Spa- und Wellness-Oase
in jene Kaserne vor, die zu den Vorzeigeprojekten der jetzt
eingeleiteten Bundeswehrreform gehört.
Der
ältere Herr erinnert sich: Ja, das Militär. Früher ein gediegener
Herrenclub, in dem man Zigarre rauchend Frontverläufe und Kesselschlachten
nachspielte und jenen erotischen Kitzel spürte, wenn die Kompanie
die Höhe 345 erobern musste und dabei bis auf den letzten Mann
aufgerieben wurde. Und die Manöver! An jeder Ecke standen junge
Mädchen und warfen Blumenkränze auf die Truppe. Das Material
war vom Feinsten. Die Unimogs hielten bis zum Aldi am Ortsausgang
durch, bevor ihre Achsen knirschten, die Zylinderköpfe ölig
dampften und aus dem Getriebe Geräusche kamen, die an die Schritte
eines jungen Revierförsters im Unterholz erinnerten.

Dann
hiess es: Eingraben und den Atomschlag anfordern. Und am Ende
kam der Befehl zur Biervernichtung. Ein hehres Glänzen schimmert
in den Gesichtszügen des Offiziers. Doch genug geträumt. Jetzt
wird alles wieder wie früher. Die Bundeswehr wird zur Schule
der Nation, in der auch Frauen, Migranten, Akademiker und Übergewichtige
einen Platz finden. Das Bundeswehrattraktivitätsförderungsgesetz
überfordert zwar die linguistischen Fähigkeiten der meisten
Unteroffiziere, wirkt aber wie ein Jungbrunnen auf die Truppe.
Endlich
werden wieder Grossmanöver veranstaltet. Panzerkeile, die tief
in die Weichteile des Gegners stossen! Fallschirmjäger, die
wie Ausrufezeichen am Himmel stehen! Und vorn, hart am Feind,
die getarnten Buggys vom Typ Eichhörnchen aus den neuen Bundeswehr-Kitas,
die in Zangenbewegungen den Feind umfassen. Für altgediente
Frontschweine ein ungewohnter Anblick, aber die Zeit bleibt
nicht stehen. Dass viele Rekruten bei dem Befehl, die Bajonette
aufzupflanzen, nach Blumenerde fragten, hat die Ausbilder irritiert.
Nun ja, das Erbe des Pazifismus ...
Der
Computer des Offiziers rattert, eine Mail schiesst sich den
Weg frei. Ah, die Einladung zum Manöver: "... freuen uns
auf eure Teilnahme. Wer Lust hat, bringt Kuchen und gute Laune
mit." Und hier der militärische Menüplan: "Erster
Tag, Ausrücken und Einkehr am Einsatzort mit Hirschrücken an
Balsamiko-Sosse. Zweiter Tag: Erkundung, dann Asia-Frontcooking
unserer phillippinischen Verbündeten. Dritter Tag. Heimaturlaub
nach zwei Tagen im Felde, wahlweise veganes Menü oder grosser
Guderian-Burger, auf Wunsch blutig." Augen und Uniform
des Offiziers strahlen und funkeln. Eine über der Kaserne schwirrende
Drohne wird dadurch geblendet und stürzt ab. "Halten nichts
aus, diese Dinger. Jetzt aber erst mal ins Kasino. Auf dem neuen
Flachbildschirm laufen die 230 schönsten Kavallerieattacken
der Militärgeschichte."
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