Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (12. Oktober 2014)
 
Asyl
 

   Es ist ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass man für seine Kollegen eine Vertrauensperson ist. Seit einer Woche weiss ich, dass ich zu jenem Personenkreis gehöre und das, obwohl ich nicht einmal im Betriebsrat bin. Oder wie würden Sie das deuten, wenn Sie von einem jungen Kollegen gefragt werden, ob Sie bis auf weiteres seine Wandkalendersammlung verwahren können? Sein Ressort beziehe neue Räume. Er wolle nicht, dass die guten Stücke Schaden nehmen oder verloren gehen.

   Wie Sie sich denken können, handelt es sich nicht um jene Sorte Kalender, wie man sie auf der Bank, beim Metzger oder in der Apotheke zum Jahreswechsel aufgedrängt bekommt, sondern um Kalender der Waiblinger Sägenhersteller Stihl. Nur für den Fall, dass Sie noch nie einen Stihl-Kalender in Händen hielten: Auf zwölf Hochglanzblättern werden die neuesten Gerätschaften des Hauses präsentiert, meist von jungen Damen, die es mit dem Tragen von Schutzkleidung zur Freude der Zielgruppe nicht so ernst nehmen.



   Was den Reiz der feschen Blätter zusätzlich erhöht, ist, dass man sie nicht kaufen kann. Man bekommt sie nur, wenn man zum potenziellen Kundenkreis des Hausses gehört, also als Waldbesitzer oder Schlossherr. Oder wenn man Mitglied einer Wirtschaftsredaktion ist.

   Ich versprach dem Kollegen, ich würde seine Kalendersammlung hüten, als sei sie mein Laubbläser. Zwar besitze ich weder Laub noch Bläser, aber ich glaube, der Kollege hat verstanden, wie das gemeint war. Er lächelte und schien beruhigt, als ich ihm sagte, dass ich die Blätter in einem Schrank unter Verschluss halten und den Schlüssel nach Feierabend mit nach Hause nehmen würde.

   Vielleicht wundern Sie sich, weshalb ich Ihnen diese Geschichte erzähle. Unter uns gesagt, ich tue es nur deshalb, damit Ihnen klar wird, warum ich diese Woche weder den Kopf noch die Zeit dafür hatte, nach einem Thema Ausschau zu halten, das sich hätte humoristisch ausschlachten lassen. Es ist nicht einfach, als Vertrauensperson und Verantwortungsträger einer Arbeit nachzugehen.

 

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