Es ist ein gutes Gefühl,
wenn man merkt, dass man für seine Kollegen eine Vertrauensperson
ist. Seit einer Woche weiss ich, dass ich zu jenem Personenkreis
gehöre und das, obwohl ich nicht einmal im Betriebsrat bin.
Oder wie würden Sie das deuten, wenn Sie von einem jungen Kollegen
gefragt werden, ob Sie bis auf weiteres seine Wandkalendersammlung
verwahren können? Sein Ressort beziehe neue Räume. Er wolle
nicht, dass die guten Stücke Schaden nehmen oder verloren gehen.
Wie
Sie sich denken können, handelt es sich nicht um jene Sorte
Kalender, wie man sie auf der Bank, beim Metzger oder in der
Apotheke zum Jahreswechsel aufgedrängt bekommt, sondern um Kalender
der Waiblinger Sägenhersteller Stihl. Nur für den Fall, dass
Sie noch nie einen Stihl-Kalender in Händen hielten: Auf zwölf
Hochglanzblättern werden die neuesten Gerätschaften des Hauses
präsentiert, meist von jungen Damen, die es mit dem Tragen von
Schutzkleidung zur Freude der Zielgruppe nicht so ernst nehmen.

Was
den Reiz der feschen Blätter zusätzlich erhöht, ist, dass man
sie nicht kaufen kann. Man bekommt sie nur, wenn man zum potenziellen
Kundenkreis des Hausses gehört, also als Waldbesitzer oder Schlossherr.
Oder wenn man Mitglied einer Wirtschaftsredaktion ist.
Ich
versprach dem Kollegen, ich würde seine Kalendersammlung hüten,
als sei sie mein Laubbläser. Zwar besitze ich weder Laub noch
Bläser, aber ich glaube, der Kollege hat verstanden, wie das
gemeint war. Er lächelte und schien beruhigt, als ich ihm sagte,
dass ich die Blätter in einem Schrank unter Verschluss halten
und den Schlüssel nach Feierabend mit nach Hause nehmen würde.
Vielleicht
wundern Sie sich, weshalb ich Ihnen diese Geschichte erzähle.
Unter uns gesagt, ich tue es nur deshalb, damit Ihnen klar wird,
warum ich diese Woche weder den Kopf noch die Zeit dafür hatte,
nach einem Thema Ausschau zu halten, das sich hätte humoristisch
ausschlachten lassen. Es ist nicht einfach, als Vertrauensperson
und Verantwortungsträger einer Arbeit nachzugehen.
|