Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (14. September 2014)
 
Warnwesten
 

   Die vornehmste Pflicht einer Warnweste ist es, zu warnen. Für gewöhnlich mahnen einen Warnwesten, um ihren Träger - gestrandete Autofahrer oder Strassenbauarbeiter - einen Bogen zu machen.

   Vorausschauende Fernfahrer warten nicht erst ab, bis die Karre liegen bleibt, sie ziehen die Dinger gar nicht mehr aus. Besorgte Hundebesitzer sind ähnlich drauf. Sie hüllen ihre vierbeinigen Freunde in Warnwesten, damit die Tiere nicht von schiesswütigen Jägern aufs Korn genommen werden. Die Sache geht gut, solange Fuchs und Has nicht auf die Idee kommen, sich mit Warnwesten als Hunde zu tarnen. Wenn das der Fall werden sollte, müssten Hunde in Warnwesten lieber zum Gassi gehen das Klo aufsuchen.



   Neulich nun haben junge Männer streng islamischen Glaubens in Wuppertal Warnwesten zweckentfremdet. Sie haben auf die grellen Überzieher "Scharia-Police" geschrieben und sind als selbst ernannte Sittenwächter durch die Stadt gezogen, um andere junge Männer vom Besuch von Bordellen und Spielhöllen abzuhalten. Die Empörung war in weiten Bevölkerungskreisen so gross, dass man sich überlegen sollte, ob eine Warnweste bei einer Autopanne wirklich noch Schutz bietet oder ob ein aufgeschreckter Bürger auf die Idee kommen könnte, hier stehe ein gestrandeter Salafist, den man sicherheitshalber erlegen sollte.

   Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin weder ein Freund von radikalen Islamisten noch von Gewalt. Aber vielleicht hatte die Provokation an der Wupper auch was Gutes. Vielleicht bringt sie uns dazu, das Thema Warnweste neu zu denken. Ein Kollege von mir, der sich dem Humor verpflichtet fühlt, hat bereits damit angefangen. Seit längerem hing über der Lehne seines Schreibtischstuhls eine Warnweste, die er von einem Termin mitgebrachtt hatte. Nun prangt auf der Weste der Aufkleber "Witz-Bolizei". Streift der Kollege damit durch die Gänge, traut sich niemand mehr einen Witz zu reissen.

 

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