Die vornehmste Pflicht einer
Warnweste ist es, zu warnen. Für gewöhnlich mahnen einen Warnwesten,
um ihren Träger - gestrandete Autofahrer oder Strassenbauarbeiter
- einen Bogen zu machen.
Vorausschauende
Fernfahrer warten nicht erst ab, bis die Karre liegen bleibt,
sie ziehen die Dinger gar nicht mehr aus. Besorgte Hundebesitzer
sind ähnlich drauf. Sie hüllen ihre vierbeinigen Freunde in
Warnwesten, damit die Tiere nicht von schiesswütigen Jägern
aufs Korn genommen werden. Die Sache geht gut, solange Fuchs
und Has nicht auf die Idee kommen, sich mit Warnwesten als Hunde
zu tarnen. Wenn das der Fall werden sollte, müssten Hunde in
Warnwesten lieber zum Gassi gehen das Klo aufsuchen.

Neulich
nun haben junge Männer streng islamischen Glaubens in Wuppertal
Warnwesten zweckentfremdet. Sie haben auf die grellen Überzieher
"Scharia-Police" geschrieben und sind als selbst ernannte
Sittenwächter durch die Stadt gezogen, um andere junge Männer
vom Besuch von Bordellen und Spielhöllen abzuhalten. Die Empörung
war in weiten Bevölkerungskreisen so gross, dass man sich überlegen
sollte, ob eine Warnweste bei einer Autopanne wirklich noch
Schutz bietet oder ob ein aufgeschreckter Bürger auf die Idee
kommen könnte, hier stehe ein gestrandeter Salafist, den man
sicherheitshalber erlegen sollte.
Verstehen
Sie mich nicht falsch, ich bin weder ein Freund von radikalen
Islamisten noch von Gewalt. Aber vielleicht hatte die Provokation
an der Wupper auch was Gutes. Vielleicht bringt sie uns dazu,
das Thema Warnweste neu zu denken. Ein Kollege von mir, der
sich dem Humor verpflichtet fühlt, hat bereits damit angefangen.
Seit längerem hing über der Lehne seines Schreibtischstuhls
eine Warnweste, die er von einem Termin mitgebrachtt hatte.
Nun prangt auf der Weste der Aufkleber "Witz-Bolizei".
Streift der Kollege damit durch die Gänge, traut sich niemand
mehr einen Witz zu reissen.
|