Sie sind überall, verfolgen
uns hartnäckig und stören unser ästhetisches Empfinden. Gemeint
sind nicht die zahllosen hörgeschädigten Akkordeonspieler in
deutschen Fussgängerzonen, die ihre musikalische Folterausbildung
vorzugsweise auf Schrottplätzen und Hühnerhöfen in den Karparten
genossen haben. Nein, die Rede ist vielmehr von Flecken aller
Art, die der Mensch zeitlebens zu entfernen versucht, die sichtbaren
wie die anderen. Dabei ist dem Bekleckerten jedes chemische
Mittel recht, um einen vermeintlich makellosen Urzustand herzustellen.
So litten die Thüringer Verfassungsschützer offensichtlich viele
Jahre an einem ziemlich grossen Fleck im rechten Auge, weswegen
sie die ekelhaften, tiefbraunen Stellen in ihrer angeblich blütenreinen
Weste erst nicht sahen und schliesslich mit einem ätzenden Lügengewäsch
ausbleichen wollten.
Doch die jahrtausendalte
Geschichte verpfuschter Fleckentfernungen zeigt, die Mühe lohnt
sich nicht. Ob während der fleckenintensiven Pubertät oder im
parlamentarischen Untersuchungsausschuss - früher oder später
gelangt die peinliche Schmutzwäsche ans helle Tageslicht, selbst
dann, wenn das August-Himmelsblau mit graukalten Wolken besprenkelt
ist.

Schon
deswegen ist das Versprechen der Bundesregierung, man werde
die bösen weissen Flecken auf der digitalen Deutschlandkarte
baldmöglichst ausmerzen, kaum mehr als ein trüber Witz. Kein
geringerer als Alexander Dobrindt, seit Ende der analogen Zeit
der grösste Ausputzer, Vignettenkleber und Fleckenteufel der
CSU, will nun jedes Kaff, jedes Funkloch zwischen Friesland
und dem Schwarzwald mit schnellstem Internet beglücken. Der
ersehnte Aufbruch ins gelobte Neuland, von dem einst die Kanzlerin
letztlich höchstselbst sprach.
Ein
fatales Vorhaben. Sind es nicht gerade diese zauberhaften Orte
ohne Anschluss und digitales Störfeuer durch NSA und NSU und
IS und IT und VfB und ALS, die uns noch von einer heilen Welt
träumen lassen? Von einer entschleunigten Provinz, in welcher
der Ladebalken auf dem Bildschirm ungefähr so lang ist wie das
Eselsgesicht eines Grossstadthipsters, der beim Ausflug ins
Grüne mal nicht ins Netz kommt? Was gibt es hübscheres als weisse
Flecken am Himmel in Schäfchenform? Milchkrönchen auf den Lippen
einer schönen Frau, die an einem verregneten Sommertag an ihrem
Cappuccino nippt. Wutschäumende Erstligatrainer, nachdem sie
in der ersten Pokalrunde gegen einen Drittligisten ausgeschieden
sind.
So gesehen sollte man sich nicht
aufregen, wenn mal wieder etwas danebengeht. Gegen das miese
Wetter, taube Akkordeonspieler, eingetrockenete Seelenflecken
und all das Unglück dieser Tage helfen weder Eiswasserduschen
aus Eimern, weder die CSU noch seifige Glossen. Sollten Sie
bei dieser Lektüre vor Empörung aufs Sonntagshemd gesabbert
haben, reiben Sie nicht! Finger weg vom Salzstreuer! Lassen
Sie es fliessen! Schauen Sie zu, wie sich der Stoff allmählich
vollsaugt. Schliessen Sie Freundschaft mit Ihrem Fleck. Das
hilft. Und nur das.
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