Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. Juli 2014)
 
Historisch
 

   Gegen Ende dieser Woche, die man schon jetzt, wiewohl sie noch am Laufen ist, als historisch bezeichnen kann, muss sich der gemeine Fahnenschwenker und 'Schland-Rufer fragen: "Und was habe ich eigentlich schon für mein Land und die Ewigkeit getan? Habe ich jemals etwas vollbracht, das auch nur im Ansatz in die Geschichtsbücher eingehen und von dem man auch in tausend Jahren noch mit Ehrfurcht sprechen wird?"

   In tollen Zeiten wie diesen, da einem die gebratenen Tauben via App in den Mund fliegen, neigt der Mensch, zumal der junge, zur Selbstüberschätzung und sagt: "Nun ja, ich habe schon so manch Historisches vollbracht. Im Frühjahr beispielsweise habe ich meinen Sommerurlaub über Trivago gebucht und erst neulich bei Zalando zwölf Paar Schuhe bestellt und sechs davon wieder postwendend zurückgeschickt, weil sie farblich nicht zu mit meiner neuen iPhone-Hülle harmonisiert haben. Zudem benutze ich seit Wochen eine Zahnpasta, deren Aktivschaum eine neue Dimension von Weiss garantiert."



   Auch wir Älteren, die wir mit Online-Geschäften noch nicht so vertraut sind, sind nicht gefeit davon, unserem Dasein eine historische Dimension zu verleihen, die es in Wahrheit nicht hat. "Freilich", sagen wir, "auch wir können mit Historischem aufwarten. In unserer Jugend beispielsweise waren wir in Geschichte nie schlechter als vier Komma fünf. Und sechzehn Jahre haben wir einen Bundeskanzler ertragen, der immer "Gechichte" sagte, wenn er "Geschichte" meinte. Das soll uns mal einer nachmachen."

   So sind wir nun mal, verwechseln die ganz normale Lebensleistung eines Durchschnittsbürgers mit Historie - und vergessen wir oder unsere Nachkommen morgen schon Menschen, die irgendwann in der Lage sein werden, die Brasilianer daheim mit 7:0, 8:0 oder gar 9:0 wegzuputzen. Vielleicht aber werden auch Verbrecher draus, Diktatoren und Schlächter. Vor historischen Momenten kann man nie ganz sicher sein.

 

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