Irritaion unter den besten
Autofahrern der Welt. Vergangenen Donnerstag. 1. Mai, Tag der
Arbeit, trat die Reform des Verkehrssünderregisters in Kraft,
die in erster Linie auf Temposünder abzielt. Seitdem läuft
auf bundesdeutschen Strassen noch weniger als in der bundesdeutschen
Politik.
Wegen chronischer Verstopfung
im Frühling hat der ADAC die Sommerreisewelle abgeblasen. Millionen
verunsicherter Automobilisten suchen in Schlaglöchern Zuflucht
vor dem langen Arm des Gesetzes. Tausende Geländewagenpiloten
wildern ihre Boliden in Schwäbisch Sibirien aus. Hier, auf einem
ehemaligen Truppenvergnügungsplatz bei Münsingen, soll es vereinzelt
Biotope geben, in denen Vollgas-Horsts von der Dorfjugend noch
als Helden gefeiert werden.

Auch
Äusserungen katholischer Kirchengreise haben zur Verunsicherung
bei den fahrenden Heerscharen beigetragen. Die Reform sei die
schlimmste seit Luther. Der Staat solle seine Finger von Busse
und Zaster lassen. Dies sei einzig und allein Angelegenheit
Roms. Mit brennenden Radkreuzen demonstrieren Piusbrüder gegen
den "vermaledeiten Bildungsplan der Unheilsbringer aus
Flensburg und Gomorrha".
Vom vermaledeiten
Bildungsplan sind es nur gut drei Flugstunden nach Malle. Auch
in unserem siebzehnten Bundesland kam es zu Protestkundgebungen,
weil dort Mitte Mai ebenfalls ein neuer Bussgeldkatalog gilt.
Anders als bei der Flensburger Punktereform haben die mallorquinischen
Sittenwächter weniger das fahrende als das torkelnde Volk im
Visier. Der Stadtverwaltung von Palma geht es darum, Schluckspechten
das Feuerwasser abzugraben und die historische Altstadt vor
spärlich beschürzten Massen zu schützen.
Die
Benimmregeln seien überzogen, grölte ein Sprecher der Ballermänner.
Das Kind werde mit dem Sangriakübel ausgeschüttet. Marodierende
Badehosen-Jodler und Stringtanga-Nixen kippten tonnenweise Sonnencreme
in das Mittelmeer und kündigten für die kommende Wochen Selbstverbrennungen
am Strand von El Arenal an.

Doch
zurück aufs deutsche Festland. Der neue Bussgeldkatalog soll
nicht nur Schnellfahrer ausbremsen, sondern auch zu einem gedeihlicheren
Miteinander in der Kampfzone führen. In einer Liste zu ahndender
Schimpfworte wurde auch der Kraftausdruck "Du Heino"
aufgenommen. Wer meint, solchermassen seinem Aggressionsstau
Luft verschaffen zu müssen, wird mit einem Fahrverbot nicht
unter 1000 Jahren belegt.
Das Bundesverkehrsministerium
verspricht sich von der Bussgeldreform nicht nur mehr Kohle,
sondern auch mehr Bürgernähe. Jeder Verkehrsteilnehmer könnte
seinen Punktestand persönlich bei Bundesverkehrsminister Dr.
Peter Ramsauer erfragen - jeweils an Christi Himmelfahrt von
12 bis 12:05 Uhr. Wer mehr als 8 Punkte auf dem Kerbholz habe,
gelte als Parteispender und brauche den Bundesverkehrsminister
nicht mehr mit Amtstitel anzusprechen. Es genüge ein schlichtes
"Herr Doktor".
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