Man sieht es, man fühlt
es: Dieser April ist alles andere als ein schlechter Scherz.
Die Temperaturen steigen noch schneller als die Mieten. Die
spargellangen, hellen Tage ähneln immer mehr den bleichen Gesichtern
auf der kümmerlich besetzten Oppositionsbank im Bundestag während
der präpotenten Regierungserklärung. Und die Erdbeeren? So gross
und prall wie das Ego von Sigmar Gabriel oder die fast richtig
deklarierten Bio-Ostereier aus Mecklenburg,
Irrglaube,
Triebe, Hoffnung, Selbstzweifel: Es liegt etwas in der Luft.
Zum Beispiel das: Schwaden aus fermentiertem Testosteron und
flirrenden Grillwurstpartikeln, welche über unseren japsenden
Metropolen wabern. Laut Bundesimmissionsgesetz steht der Grenzwert
für die Feinschweissbelastung bei 50 Joggern pro Kubikmeter
Stadtluft. Wird er häufiger als 35-mal pro Jahr überschritten,
wird ein Aktionsplan erstellt. Um die Ausdünstungsgrenzwerte
zu senken, greifen manche Gemeinden mittlerweise zu rigorosen
Massnahmen. So werden die Innenstädte zurzeit mit sogenannten
Joggerscheuchen plakatiert, auf denen feist grinsende Politikerfratzen
und dadaistische Losungen müffelnde Freizeitsportler und Europaskeptiker
aus dem Tritt bringen sollen.

Die
Massnahme wirkt. Viele Jogger verlieren schnell die Orientierung,
torkeln sabbernd zum nächstliegenden Stammtisch der AfD, wo
man sie mit Schauermärchen vom bösen EU-Wolf reanimiert. Andere
meiden konsequent die Zentren, transpirieren lieber in endlosen
Kassenschlangen der Gartenbaumärkte oder studieren Gebrauchsanweisungen
für selbstabschaltende Kaffeemaschinen aus Brüssel.
Die
Blümchen in den Schlaglöchern, die Zahl der Plastiktütenverordnungen
und Selbstanzeigen, die Wut über die Windkraftanlagen im grün-roten
Ländle - alles spriesst, knospet und wächst in schönster Pracht.
Überall. Selbst in den Gesichtern. Die Umfrage eines angesehenen
Biologen-Fachmagazins ergab: Ein Mann mit Vollbart hat in einer
Gruppe glatt rasierter Geschlechtsgenossen die besten Chancen
bei Frauen. Das Alleinstellungsmerkmal mache den Bärtigen ungemein
attraktiv, heisst es. Die Sozialdemokraten haben diesen evolutionären
Trend längst für sich entdeckt. Man denke nur an Karl Marx oder
Rudolf Scharping. Alles Womanizer. Bei den anstehenden Wahlen
zum europäischen Parlament schicken sie nun ihren Top-Bartmann
Martin Schulz ins Rennen, eine Art Wolfgang Thierse unter den
Euro-Hipstern. Seinem virilen Anlitz entkommt man derzeit nicht.
Schulz ist der sexy Posterboy der Sozen, die Girls liegen ihm
zu Barte.

Wer
aber als Mann keinen üppigen Frühlingsbart aufweisen kann, der
versucht es mal mit Transgender. Erst vertikutiert man gemütlich
seinen Rasen, probiert im Anschluss ein neues Spargelrezept
nach Tim Mälzer, um sich dann nach indischem Vorbild als drittes
Geschlecht anerkennen zu lassen. Ganz ehrlich, Jungs: Das nimmt
Druck aus dem Kessel und ist gesünder als Joggen im Feinstaub.
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