Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. April 2014)
 
Es liegt was in der Luft
 

   Man sieht es, man fühlt es: Dieser April ist alles andere als ein schlechter Scherz. Die Temperaturen steigen noch schneller als die Mieten. Die spargellangen, hellen Tage ähneln immer mehr den bleichen Gesichtern auf der kümmerlich besetzten Oppositionsbank im Bundestag während der präpotenten Regierungserklärung. Und die Erdbeeren? So gross und prall wie das Ego von Sigmar Gabriel oder die fast richtig deklarierten Bio-Ostereier aus Mecklenburg,

   Irrglaube, Triebe, Hoffnung, Selbstzweifel: Es liegt etwas in der Luft. Zum Beispiel das: Schwaden aus fermentiertem Testosteron und flirrenden Grillwurstpartikeln, welche über unseren japsenden Metropolen wabern. Laut Bundesimmissionsgesetz steht der Grenzwert für die Feinschweissbelastung bei 50 Joggern pro Kubikmeter Stadtluft. Wird er häufiger als 35-mal pro Jahr überschritten, wird ein Aktionsplan erstellt. Um die Ausdünstungsgrenzwerte zu senken, greifen manche Gemeinden mittlerweise zu rigorosen Massnahmen. So werden die Innenstädte zurzeit mit sogenannten Joggerscheuchen plakatiert, auf denen feist grinsende Politikerfratzen und dadaistische Losungen müffelnde Freizeitsportler und Europaskeptiker aus dem Tritt bringen sollen.



   Die Massnahme wirkt. Viele Jogger verlieren schnell die Orientierung, torkeln sabbernd zum nächstliegenden Stammtisch der AfD, wo man sie mit Schauermärchen vom bösen EU-Wolf reanimiert. Andere meiden konsequent die Zentren, transpirieren lieber in endlosen Kassenschlangen der Gartenbaumärkte oder studieren Gebrauchsanweisungen für selbstabschaltende Kaffeemaschinen aus Brüssel.

   Die Blümchen in den Schlaglöchern, die Zahl der Plastiktütenverordnungen und Selbstanzeigen, die Wut über die Windkraftanlagen im grün-roten Ländle - alles spriesst, knospet und wächst in schönster Pracht. Überall. Selbst in den Gesichtern. Die Umfrage eines angesehenen Biologen-Fachmagazins ergab: Ein Mann mit Vollbart hat in einer Gruppe glatt rasierter Geschlechtsgenossen die besten Chancen bei Frauen. Das Alleinstellungsmerkmal mache den Bärtigen ungemein attraktiv, heisst es. Die Sozialdemokraten haben diesen evolutionären Trend längst für sich entdeckt. Man denke nur an Karl Marx oder Rudolf Scharping. Alles Womanizer. Bei den anstehenden Wahlen zum europäischen Parlament schicken sie nun ihren Top-Bartmann Martin Schulz ins Rennen, eine Art Wolfgang Thierse unter den Euro-Hipstern. Seinem virilen Anlitz entkommt man derzeit nicht. Schulz ist der sexy Posterboy der Sozen, die Girls liegen ihm zu Barte.



   Wer aber als Mann keinen üppigen Frühlingsbart aufweisen kann, der versucht es mal mit Transgender. Erst vertikutiert man gemütlich seinen Rasen, probiert im Anschluss ein neues Spargelrezept nach Tim Mälzer, um sich dann nach indischem Vorbild als drittes Geschlecht anerkennen zu lassen. Ganz ehrlich, Jungs: Das nimmt Druck aus dem Kessel und ist gesünder als Joggen im Feinstaub.

 

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