Die Menschheit wird immer
selbstsüchtiger. Nicht mal Portraitfotografen sollen noch einen
Cent an ihr verdienen. Immer öfter legen Menschen selbst Hand
an. Selfies heissen die Schnappschüsse, bei denen sich einer
sein fotografierendes Mobiltelefon vor die Fresse gehalten und
abgedrückt hat.
Selbst die Schönen
und die Wichtigen schrecken vor schamlosen Selbstbelichtungsorgien
nicht zurück und stellen Fotos ins Netz, bei denen jeder ehrwürdiger
Paparazzi ein schlechtes Gewissen bekäme. Fussballer drücken
bei der Siegesfeier unter der Dusche auf den Auslöser. Angeschwitzte
Hollywood-Stars lichten sich nach der Oscar-Verleihung ab -
und kassieren Millionen vom freundlichen Smartphone-Konzern.
Selbst
bei Harald Schmidts letzter Late-Night-Show auf dem Bezahlkanal
Sky gab es hinterher noch was zum lachen und zu belichten -
und das, obwohl der Katholilk Schmidt noch während der Sendung
gestand: "Ich dachte Selfie ist das, was meine Kirche immer
verboten hat - wegen Rückenmarkbeschädigung."

Am
Ende grinste auch er ins Telefon, und Schauspieler Jürgen Vogel
postete das Bild in die Welt hinaus, auf dem neben Schmidt und
Vogel noch fünf weitere Pominasen zu sehen sind - also mehr
Leute, als bei Schmidt in den vergangenen Jahren vor der Glotze
gehangen haben.
Manchmal kann der Selbstschuss
auch nach hinten losgehen, wie US-Präsident Barack Obama diese
Woche im Weissen Haus erfahren musste. Als sich ein Star des
Basketball-Teams Red Sox mit ihm ablichtet, grinste Mister Präsident:
Cheese! Dabei war der Hintergrund fies. Angeblich soll das Foto
für eine Werbekampagne des Smartphone-Herstellers ausgeschlachtet
werden.
All den jungen Menschen, die
glauben, die Selfie-Manie seien eine Erfindung der Neuzeit,
rufen wir zu: Schon die alten Meister haben Selfies gemacht!
Dürer, da Vinci, Rubens, van Gogh, Gauguin, Renoir - alle hatten
sie einen Hang zur Selbstdarstellung. Sogar in Öl.
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