Man muss nicht nach Indien
reisen, um erleuchtet zu werden. Manchmal reicht eine Nachricht
von dort, etwa der Art, dass ein Ende Januar verstorbener Guru
namens Ashutosh Maharaj gar nicht tot ist. Er meditiert nur
- und zwar dort, wo man dies selbst in einem bevölkerungsreichen
Land wie Indien ungestört tun kann: In einer Gefriertruhe.
Natürlich
fragt man sich als Anhänger von Tiefkühlkost, inwiefern sich
ein toter tiefgefrorener Guru von einem meditierenden tiefgefrorenen
Guru unterscheidet. Die Erklärung ist so simpel wie einleuchtend.
Ein tiefgefrorener meditierender Guru spricht zu seinen Anhängern.
Ein Sprecher des im nordindischen Bundesstaates Punjab gelegenen
Ashrams sagte, über seine ebenfalls meditierenden Anhänger verbreitet
der Chef die Botschaft, dass man seinen Körper bis zu seiner
Rückkehr frischhalten möge.

Kaum
hatte ich das gelesen, musste ich an Gefrierbrand denken und
glaubte, aus meinem Keller Signale zu empfangen. Es war ein
durchdringenes Piepsen, das an einen Warnton erinnerte, den
meine Gefriertruhe von sich gibt, wenn sie keinen Saft mehr
hat. Früher hätte ich auf Stromausfall getippt, aber mit den
Weisheiten Indiens versehen ist man vorsichtig mit geistigen
Kurzschlüssen.
Natürlich hätte es ein
Stromausfall sein können. Aber denkbar wäre auch der Klageruf
von tiefgefrorenen Hühnerschlegeln, die ich im Sonderangebot
gekauft hatte und die seit Jahren in der Kältetruhe vor sich
hingammeln. Oder womöglich funkte mich meine verblichene Oma
an. Als Medium benutzte sie die nach ihrem Rezept hergestellten
Maultaschen on the Rocks. Der Zeitungsmensch neigt dazu, solche
Dinge nicht an sich heranzulassen und flüchtet sich in boulevardeske
Überschriften wie "Tote Oma spricht aus Maultaschen zu
Enkel".
Ich musste an den tiefgekühlten
Guru denken. Was, wenn plötzlich keine Signale mehr aus der
Tiefkühltruhe in Punjab kommen? Dann verneigen wir uns vor dem
guten Mann. Tiefkühlruhe er in Frieden.
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