Es muss der Abend des Schmotzigen
Donnerschdichs gewesen sein. Das Redaktions-Kompetenz-Team dachte
darüber nach, wie viel Inhalt diese Kolumne dieses Mal vertragen
könnte. Die besten Köpfe der Redaktion mühten sich nach Kräften,
aber es kam nichts dabei heraus - bis der Blick des Chefredakteurs
nach draussen schweifte und sich am gegenüberliegenden Büroblock
festfrass wie eine Tunnelbohrmaschine von Herrenknecht.
In
einem Stockwerk war bereits das Licht aus, aber hinter den regennassen
Scheiben waren zwei Girlanden und sechs Luftballons zu erkennen.
"Haben wir Rheinländer im Haus?", stammelte der Chef
und griff sich an den Schlips.

Dann
geschah etwas, was als schwäbisches Faschingswunder in die Geschichte
des Frohsinns eingehen dürfte. Waschechte Pietisten, die weder
mit Fasnet noch mit Karneval jemals etwas am Hut hatten, griffen
in ihre Schreibtischschubladen, förderten Scheren, Klebstoff,
Buntstifte zutage, leerten Altpapiercontainer, rissen sich die
Kleider vom Leib und begannen zu basteln.
Hier
die geschminkte Wahrheit über die Verkleidungsorgie.
Die
Politikredaktion, ambioniert wie Aschermittwochsheringe, versuchte
sich an einem Politdarsteller, an dem unsere besten Karikaturisten
schon gescheitert waren. "Ich bin der böse Wulff",
rief einer. "Ihr könnt mir einen ausgeben!" "Ich
bin der gute Wulff", rief ein anderer. "Jetzt hol
ich meinen Sohn aus dem Kindergarten, dann meine Frau zurück
und dann stoss ich den Gauckler vom Thron. Danach könnt ihr
mir einen ausgeben."
Ein Sportvolontär,
dessen Mutter in den achtziger Jahren aus einem Kopf-an-Kopf-Rennen
im Remstal als Miss Strickliesel hervorgegangen war, nähte sich
aus seinem VfB-Trikot einen Wingsuit und zog sich zu Trockenübungen
in den Lastenaufzug zurück.
Heidi Klum,
mit strammen 40 noch gut für einen "Bild"-Titel, beflügelte
die Fantasie unseres Stil-Redakteurs. Der Kollege, an einer
Allergie gegen Ganzkörperkostüme leidend, rasierte sich ein
Bein und behauptete, er gehe als Heidi-Klum-Fuss zur Fasnet.

Provokant
der Auftritt der Gesundheitsreporterin. Sie steckte in einer
Zigarettenschachtel aus Pappmaché mit aufgedruckter Raucherlunge.
Wenig
überraschend die Verkleidung des Redaktionsveganers, wobei nicht
ganz klar war, ob er eine Frühlingszwiebel oder eine Lauchstange
darstellen wollte. Aber Bio war er auf jeden Fall.
Kollegen
und Kolleginnen befreundeter Redaktionen kamen hinzu. Sie trugen
lustige Hütchen aus Zeitungspapier und T-Shirts mit dem Aufdruck
"Tötet alle Gesinnungsterroristen".
Es
war ein heiteres Treiben, was nicht nur an einem Piccolofläschchen
Krimsekt für alle gelegen haben mochte, das der Chefredakteur
aus seinem Giftschrank geholt hatte. Womöglich kam hier bereits
die neue Klimaanlage ins Spiel, die die Redaktion mit einem
Xenon-Sauerstoff-Gemisch zu Höchstleistungen antreiben soll.
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