In einem Text der Deutschen
Presseagentur, in dem es um die Befindlichkeiten von homosexuellen
Menschen geht, wird eine lesbische Mutter zitiert: "Schwule
Sau darf kein Schimpfwort mehr sein, und Regenbogenfamilien
sollen endlich als normal toleriert werden." Der Agentur
gefiel der Satz so gut, dass sie einen Teil davon in die Übeschrift
nahm: "Schwule Sau darf kein Schimpfwort mehr sein."
Als
sprachsensibler Mensch fragt man sich, wenn "schwule Sau"
kein Schimpfwort mehr sein darf, was darf es dann sein? Ein
Kosename? Klingt im ersten Moment befremdlich, aber wer weiss,
vielleicht werden sich unsere Kinder in nicht allzu ferner Zukunft
beim heiteren Fang-mich-Spiel auf dem Schulhof mit "schwule
Sau" anfeuern. Oder der eine Partner einer Regenbogenfamilie
wird nach getaner Arbeit den anderen Partner mit einem Kuss
und "Na, schwule Sau, einen schönen Tag gehabt?" begrüssen.

Andererseits
machen wir uns nichts vor, auch die beste aller denkbaren Gesellschaften
kommt ohne Schimpfwörter nicht aus. Wie aber sollen diese Schimpfwörter
beschaffen sein? Gehört der alten Arschgeige die Zukunft? Ich
fürchte nicht, werden dann doch betagte Menschen, eine alles
in allen notwendige Körperöffnung und ein ehrbares Musikinstrument
verunglimpft.
Denkbar wäre, dass bisher
völlig unbelastete Wörter als Schimpfwörter herhalten müssen.
Wie wär's etwa mit Winterschlussverkauf? Angeblich gibt es den
ja nicht mehr, seit ihn der Einzelhandel abgeschafft und durch
Sale ersetzt hat. Dennoch spukt der zur Untätigkeit verdammte
Winterschlussverkauf in unseren Köpfen herum. Das Wort ist da,
es braucht nur eine neue Aufgabe - und vor allem braucht es,
wie jeder anständige Kraftausdruck, ein Eigenschaftswort als
Begleiter. In dem Fall könnte ich mir asbachuralt vorstellen.
Der Weinbrand mag noch produziert werden, asbachuralt ist asbachuralt.
Sagt kein Mensch mehr.
Mag sein, dass
asbachuralter Winterschlussverkauf noch nicht das Gelbe vom
Ei ist. In einem aber sind wir uns doch einig: Neue Schimpfwörter
braucht das Land.
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