Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (08. Dezember 2013)
 
Männer, die auf Plätzchen starren
 

   Bis vor kurzem schien die Geschlechterwelt in diesem Land noch in bester Ordnung zu sein. Ein echter Kerl in den mittleren Jahren hatte seine natürlichen Bedürfnisse, die er gewöhnlich auf einer deutschen Autobahn ohne Tempolimlit, in Koalitionsgesprächen oder im Flatrate-Bordell befriedigte. Während für die Frauen im selben Alter der weise Spruch zutraf: Eher trifft eine über vierzig in der freien Wildbahn einen Tiger als einen Mann.



   Doch die Zeiten uund Sprüche ändern sich. Dieser Tage liess das englische Topmodell Kate Moss zu ihrem 40. Geburtstag alle Hüllen fallen. Und zwar für den "Playboy", dem inoffizellen Zentralorgan aller Top-Feministen und Fantasiehasenzüchter. Nach einer mehrstündigen selbstzerfleischenden Blattkritik dieser Fotoreportage des Bunny-Puschels im zigarrenrauchgeschwängerten Herrenzimmer unserer Redaktion ergaben sich zwei Schlussfolgerungen. Erstens: Frauen über vierzig präsentieren ihre Talente heutzutage selbstbewusst der Kamera, sowohl bei der Regierungsbildung als auch beim "Playboy". Und das ist auch gut so. Zweitens: Eher begegnet ein männlicher deutscher Redakteur jemseits der vierzig Alice Schwarzer auf einer Talkshow-Couch zum Thema Prostitution als einer leibhaftigen Frau, die so aussieht wie Kate Moss. Womit wir schon beim nächsten Männertrendthema wären: Dem Plätzchenbacken. Kompensation durch Marathonbacken - immer mehr Männer und Journalisten prostituieren sich auf dem Kuvertüre-Strich oder flüchten vor der frostigen Realität und ziehen ein Blech nach dem anderen. Ihre Öfen? Glühen bis zum Burn-out. Statt ihre Waschbrettbäuche einzufetten, stemmen sie lieber Eiweiss-Makronen und Vanille-Stangen. Die XXL-Schürzen sind ausverkauft. Empörte Landfrauen reichen in Karlsruhe einen Verbotsantrag für braunen Kandis ein, Horst Seehofer schickt einen orangenbitteren Knusperbrief an das Nachrichtenbackstudio im Zweiten.

    Vergebens. Überall wird gelafert und gelichtert und karamellisiert, bis der Sanitäter winkt. Ärzte berichten von teigigen Gesichtern, ekligen Kipferlzerrungen und Fingerbrandblasen, so voluminös wie das Ego dieser unglaublichen Marietta Slomka. Manch ein Anis-Schnüffler stürzt derweil ab, landet in der Marmeladengosse vom Discounter oder bekommt, was noch dramatischer ist, eine Einladung zum Adventskaffee bei Schwiegermuttern. Immerhin: Die neueste Pisa-Studie belegt, dass gerade Jungs mit Bilanzleseschwäche später Karriere bei der Deutschen Bank oder in der Schaumschlägerbranche machen, was ungefähr dasselbe ist.



   Nur wenige Typen von Format halten dagegen. Diese Playboys alter Schule meiden die Küche wie ein Schalker das ZDF, lesen ihre Sonntagszeitung und träumen von einer mehlbestäubten Kate Moss im Bunny-Kostüm ... heizen anschliesslich auf 200 Grad Celsius vor, rühren Salz, Butter, Zucker und Eier schaumig, sieben das Mehl, mischen es mit dem Backpulver unter, dann die Haferflocken und Rosinen ... Hilfe!

 

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