Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. November 2013)
 
Angepasst
 

   Ein Bäcker will seiner Kundschaft die Preiserhöhung schmackhaft machen. Also kündigt er eine Preisanpassung an. Ein Kunde mag das nicht schlucken. Er schüttelt ob des Begriffs "Preisanpassung" den Kopf und fragt die Bäckereifachverkäuferin, was das soll. Die Bäckereifachverkäuferin ist eine freundliche Frau. Sie sagt, mit einem Augenzwinkern, dass Preiserhöhung so negativ klinge. Der Kunde schüttelt wieder den Kopf und verlässt, "Preisanpassung, so ein Blödsinn" vor sich hinmurmelnd, den Laden.

   Wir wollen uns in dieser Kolumne heute für alle Bäcker stark machen, die sich in diesen Tagen zu einer Preisanpassung genötigt sehen. Solange in Deutschland mehr oder weniger klaglos hingenommen wird, dass die Mineralölkonzerne mit ihren Preisen eine Achterbahnfahrt veranstalten (meist abends, kurz vor Kassenschluss, runter, dann, am nächsten Morgen, wieder um fünf, zehn, zwanzig Cent rauf, als wäre in der Nacht eine Ölkrise ausgebrochen), solange also in Deutschland keine Tankstellen brennen, solange sollten wir unseren hart arbeitenden Bäckern nicht ins Sprachhandwerk pfuschen und das bisschen Sprachkosmetik durchgehen lassen.



   Gerade wir Wortkünstler haben uns jahrzehntelang ungefragt über den Bäckerstand lustig gemacht, indem wir Stammtischrunden mit der Frage belästigten, was eigentlich der Unterschied zwischen einem Bettvorleger und einem Bäcker sei. Meist blickten wir in ratlose Gesichter - um endlich, nach quälend langen Minuten, durchs Lokal zu brüllen, dass der Bäcker nachts um zwei aufstehen müsse, während der Bettvorleger liegen bleiben dürfe. Dann bestellten wir ein ebenfalls längst klammheimlich preisangepasstes Weizen und soffen dem Bäcker seine Lebensgrundlage weg.

   Der angeblich so sprachkritische Kunde sah übrigens mindestens so angepasst aus wie die neuen Preis des Bäckers.

 

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