Je länger die SPD über die
verlorene Bundestagswahl nachdenkt, umso mehr kommt sie zur
Überzeugung, dass sie die Wahl gewonnen hat. SPD-Chef Sigmar
Gabriel will nun den Bundeswahlleiter bitten, eine Nachzählung
zu veranlassen. Die 25,7 Prozent, die der Computer am Abend
des 22. September ausspuckte, erscheint ihm mittlerweise sehr
wenig. Auch Computer machen Fehler. Der Computer war bei der
Gewichtung der Anteile bestimmt verstimmt. Dass so viele Wähler
nich für die SPD stimmen - das kann nicht stimmen.
Gabriel
begründet seinen Vorstoss mit dem vorläufigen amtlichen Endergebnis
der Koaltitionsverhandlungen. Demnach hat sich die SPD in fast
allen Punkten durchgesetzt. Das könne er sich selbst nur so
erklären, dass die Union (41,5 Prozent) die Wahl verloren habe
und dies auch wisse. Im Vorgriff auf den erwarteten Erfolg bei
der Nachzählung wird der SPD-Chef schon mal seinen Vornamen
ändern. Von jetzt an heisst er nicht mehr Sigmar, sondern Siegmar.

Angela
Merkel, man ahnt es, war für eine Stellungsnahme zu Gabriels
Vorhaben nicht zu erreichen. Seit Wochen ist sie nicht zu erreichen.
Europa und der Rest der Welt fragen sich schon besorgt, ob Deutschland
überhaupt noch eine Kanzlerin hat. Dabei ist die Erklärung ganz
einfach. Nachdem herausgekommen ist, dass die US-Geheimdienste
Merkels Handy abgehört haben, hat sie sich eine neue Nummer
zugelegt. Diese Nummer kennt nur Merkel selbst, iht Mann - und
natürlich die Amerikaner.
Der Antrag
auf Nachzählung wäre ein frontaler Angriff auf Merkels Taktik,
die bis auf Merkel keiner durchschaut hat. Diese Taktik ist
einfach: Merkel bleibt Kanzlerin, alles andere ist verhandelbar.
Das geht gar nicht anders, denn ausser der aufmüpfigen SPD gibt
es ja auch noch die eigenwillige Bayernpartei CSU. Die hat sich
in den Kopf gesetzt, das Betreuungsgeld zu erhalten und eine
Pkw-Maut für ausländische Linkswähler einzuführen. Wenn so viele
Überzeugungstäter mit am Tisch sitzen, braucht es noch welche,
die keine Überzeugungen haben, und das sind in dem Fall die
Vertreter der CDU. Sonst kommt kein Kompromiss zustande. Wer
das nicht will, der darf nicht Merkel wählen, denn die ist die
Miss unter den Kompromissen, die Kompro-Miss sozusagen.

Gott
sei Dank hat Merkel ein Umfeld, sonst würde man gar nichts mehr
von ihr hören. Aus Merkels Umfeld also verlautet, sie wolle
ihrem Freund Gabriel die Idee mit der Nachzählung ausreden.
Man werde ihm vorschlagen, per Verfassungsänderung der SPD bei
künftigen Bundestagswahlen einen bestimmten Stimmenanteil zu
garantieren, sagen wir 30 Prozent. Das könnte der SPD dann intern
als Mindestlohn für ihre Wahlkämpfer verkaufen. Sollte die SPD
partout darauf bestehen, den Kanzler zu stellen, könne Merkel
auch zur SPD wechseln, damit habe sie kein Problem. Merkel will
Gabriel zudem anbieten, sich die traditionelle Neujahrsansprache
der Kanzlerin zu teilen. Sie redet über das Jahr, er über das
Neue.
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