Ich hätte gern zu Generation
Golf gehört. Aber leider wuchs ich nicht in den achtziger, sondern
in den sechziger und siebziger Jahren auf. Rückblickend sehe
ich mit meinem Bruder vor dem Fernseher sitzen, jeder einen
Karton Mohrenköpfe und tranken Sprudel. Der Sprudel schien den
Zucker der Mohrenköpfe zu neutraliseren. An guten Tagen schaffte
jeder von uns beiden eine Schachtel Mohrenköpfe. Wenn ich überhaupt
zu einer Generation gehöre, dann zur Generation Mohrenkopf.
Natürlich
weiss ich, dass man Mohrenkopf eigentlich nicht mehr sagen darf.
Der Mohrenkopf steht wie das Zigeunerschnitzel unter Rassismusverdacht.
Offizell heissen Mohrenköpfe inzwischen Schoko- oder Schaumküsse.
Das Komische ist, ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals
jemand aus meiner Generation Wörter wie "Schokokuss"
oder "Schaumkuss" in den Mund genommen hat. Manchmal
hört man "Dickmann", weil die Firma August Storck
aus Berlin ihre Mohrenköpfe Dickmänner nennt. Bisher kam noch
niemand auf die Idee, dass damit füllige Männer durch den Kakao
gezogen werden.

Ich
glaube nicht, dass Leute, die den Begriff "Mohrenkopf"
im Mund führen, zwangsläufig Rassisten sind. Ich vermute, dass
sie "Mohrenkopf" sagen, weil sie das an eine Zeit
erinnert, in denen ihnen manches im Leben noch einfacher erschien.
An eine Zeit, als sie stundenlang vor der Glotze sassen, Mohrenköpfe
verdrückten und Strudel tranken.
Fast
täglich verdrücke ich einen Mohrenkopf, meist zum Kaffee nach
dem Mittagessen. Auch diese Woche habe ich mir einen in der
Cafeteria geholt. Ich wollte ihn an der Kasse bezahlen, schaute
hoch und blickte in das Gesicht eines jungen, attraktiven Mannes
mit dunkler Hautfarbe. Ich streckte ihm den Mohrenkopf hin und
hörte mich sagen: "Ich zahle das Ding da." Schon verrückt.
Ich hätte keine Skrupel gehabt, bei dem Mann ein Zigeunerschnitzel
zu bestellen.
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