Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (22. September 2013)
 
Parteien zur Wahl
 

   Rechtzeitig zum Wahlsonntag haben sich die für diese Kolumne zuständigen Kollegen krankgemeldet. Keiner wollte sich der Gefahr aussetzen, dass sein Text als Wahlempfehlung missverstanden wird. Deshalb zeichnen für die folgende Kolumne allein die im Bundestag vertretenen Parteien verantwortlich.

   Das Wort hat die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland: "Es gibt Momente, da steht viel auf dem Spiel. Deshalb sitze ich jetzt allein in dem beknackten Raum, schaue in die Kamera und fange die meisten Sätze mit 'Ich will ...' an. Was ich wirklich will, sage ich nicht, das will ja keiner hören. Also, ich will weitermachen wie bisher. Mich nicht bei jedem Scheiss zu Wort melden. Sollen die anderen diskutieren. Ich tu regieren. Und hinterher gibt's Pommersche Kartoffelsuppe von Mutti. Gemeinsam schaffen wir das."



   Das Wort hat jetzt der Kanzlerkandidat der SPD (nachdem zuvor das Volk sein Leid geklagt hat: Eine Mama mit Tattoos und weitem Ausschnitt findet keinen Kindergartenplatz; eine Familie sorgt sich beim Campingurlaub um seine Rente): "Ich will Bundeskanzler werden, weil in Deutschland etwas aus dem Lot geraten ist. Und weil es in unserem Land wieder gerechter zugehen muss. Ich will meinen Mittelfinger in die Wunde legen. Dafür stehe ich. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Stimme. Das Wir entscheidet."

   Das Wort hat der Vorsitzende der FDP-Bundesfraktion: "Deutschland geht es gut. Ich möchte auch, dass es Ihnen gut geht. Ich sitze hier in einem Café, habe eben ein Ei geköpft und werde gleich sagen, dass Rot-Rot-Grün nicht das Gelbe vom Ei ist. Das ist originell, aber leider nicht von mir. Wir wollen Ihr Bestes udn bleiben selbst bescheiden: Geben Sie Ihre Erststimme wem Sie wollen, aber geben Sie uns Ihre Zweitstimme, das langt uns."

   Das Wort hat ein Spitzenkandidatenpaar von Bündnis 90 / Die Grünen: "Für 90 Sekunden Wahlwerbung tragen die Parteien die Verantwortung. Wir wollen Verantwortung für länger - für so lang, wie Atommüll strahlt. Aber 90 Sekunden können sich auch ziehen, dashalb machen wir das in Doppelmoderation. Wir sind für Energieeffizenz und für Sonne udn Wind, weil die keine Rechnung schreiben. Die sind wie die Öffentlich-Rechtlichen, die für Wahlwerbespots auch keine Kohle kriegen."



   Das Wort hat die Partei Die Linke, die eine Schauspielerschülerin ins Rennen schickt, die sich als Mitarbeiterin eines Callcenters ausgibt: "Lieber würde ich was von Brecht zitieren: 'In Erwägung unserer Schwäche machtet / Ihr Gesetze, die uns knechten solln' Aber weil das kein Schwein mehr versteht, muss ich halt sagen: 'Es geht nur noch um Gewinne und Profite.'"

   Jetzt liegt es an Ihnen, liebe Wähler. Aber egal, was Sie heute ankreuzen, bereits am kommenden Sonntag werden Sie von Demoskopen aus dem Schlaf geklingelt, die wissen wollen: "Wenn heute Bundestagswahl wäre, wer bekäme Ihre Stimme?"

Herzlichts,
Ihr Bundeswahlleiter

 

Zurück