Der Sommer ist so gut wie
vorbei, dennoch liegt ein säuerlich-stickiges, transpirationsförderndes
Aroma in der Luft. Das hängt nicht damit zusammen, dass Peer
Steinbrück in Sachen Wahlkampf unterwegs ist und bald auch in
Ihrer Stadt (ja genau, in Ihrer Stadt!) auftreten wird. Das
Phänomen des allgemeinen Schwitzens begründet sich vielmehr
in der Entdeckung der männlichen Wechseljahre. Jahrhundertelang
hat sich die Medizin nicht um die Männer gekümmert. Sie schwitzten
halt, waren oft schlecht gelaunt und führten Kriege, um die
Stimmung wenigstens ein bisschen zu heben. Jetzt hat man endlich
reagiert. Diese Woche waren in ganz Deutschland Beratungszelte
aufgebaut, in denen sich Männer schlotternd und schwitzend zusammendrängten.
Urologen, von Beratern der Pharmaindustrie an langen Schnüren
geführt, schauen auf die Blutwerte, schütteln bedächtig die
Köpfe, während der zum Patient gewordene Mann zu einem nassen
Bündel Angst wird.

Bisher
orientierte sich die öffentliche Wahrnehmung an Männern wie
Olli Kahn und Horst Seehofer, deren Testosteronspiegel den messbaren
Bereich um ein Vielfaches übersteigt. Der Auftritt Steinbrücks
mit seiner Frau in einer Talkshow aber hat das Blatt gewendet.
Steinbrück fing bekanntlich während einer Veranstaltung ohne
Grund an zu weinen und rollte sich, nachdem die Kamera abgeschaltet
war, in den Armen des Moderators zu einer embryonalen Masse
zusammen. Nur durch sofortige Gabe eines Hormon-Tetrapaks brachte
man ihn wieder zu Bewusstein. Blitzartig konnte er die momentane
Staatsverschuldung, die Kosten durch das Betreuungsgeld, die
Unfähigkeit von Schwarz-Gelb zu einer sinnvollen Finanzpolitik
und die an Lethargie grenzende Führungsschwäche der ... Jedenfalls
war er wieder gut in Form. Beim Kanzlerduell ging gerade noch
mal alles gut. Gerade, als Steinbrücks Mundwinkel zu zittern
begannen, war alles vorbei, und Stefan Raab strich ihm beruhigend
übers Resthaar.

Steinbrück
ist nicht allein. Viele Männer, die in die Wechslejahre kommen,
also die Zeit, in der sie zum letzten Mal ihr Auto und ihre
Partnerin wechseln, begreifen nicht, was da geschieht. Sie geraten
ohne Grund ins Schwitzen, etwa nach Genuss von vier Weissbieren
und einem Schweinebauch, sind reizbar und verstehen unter Libido
eine längst ausgestorbene Spielerposition aus der Welt des Fussballs.
Hilfe verspricht wie im Fall Steinbrück die Gabe von Testosteron.
In unserer kommenden Ausgabe wird deshalb die Anleitung für
ein Kleinstlabor zur Synthese dieses Hormons beiliegen. Wundern
Sie sich nicht über den strengen Geruch. Allerdings bedarf es
zum Aufbau des privaten Hormonhaushalts eines funktionsfähigen
Stiers. Fragen Sie doch mal beim Biobauern nach. Abschliessend
muss gesagt werden, treten Steinbrück-Symptome auf, ist nicht
immer der Griff zum Stierhoden angezeigt. Wer sich nach Lektüre
der Kolumne reizbar, aggressiv oder undendlich müde fühlt, sogar
zu weinen anfängt, ist völlig normal.
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