Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. August 2013)
 
Männer, die auf Fleisch starren
 

   Dieser Tage haben Wissenschaftler in einem afrikanischen Nationalpark rein zufällig ein Reptil entdeckt, von dem es bisher kaum mehr als ein Gerücht gab - die haarige Buschviper. Die Haare sind eigentlich Schuppen, aber von weitem sieht die Schlange struppig und ungekämmt aus, deshalb der Name. Unter Hochdruck rätseln nun die Koryphäen der Kriechtierforschung, wozu die Viper ihre Haare eigentlich benötigt.

   Dieselbe Frage stellen sich inzwischen auch viele Männer beim morgendlichen Blick in den Badezimmerspiegel. Maskuline Natur, wohin man schaut. Nur: Wem - ausser Friseuren und der krisenfesten Rasierklingenbranche - dient noch das Gestrüpp im Gesicht, diese dampfenden Brustflechten, das weiche Moos im Nacken? Die Ur-Männer besassen ein dichtes Haarkleid, heisst es, das habe sie vor Kälte und Insekten geschützt. Doch half es wenig bei Angriffen der gefährlichen Strumpfbandnattern, Spätestens nach dem Sündenfall - der Erstausgabe von "Emma" und der Etablierung der Frauenquote bei den Grünen - dünnte sich der Pelz bei den meisten dermassen aus, dass aus selbstbewussten Primaten allmählich sensible, glatt gebügelte Kriecher und lila Pudel wurden.



   Doch es regt sich Widerstand. Die letzten der dickfelligen Art rotten sich zusammen. Sie wollen nicht mehr ihre Nasenhaare trimmen, Gurkenmasken auflegen, stündlich Kita-Plätze zählen und sich von selbsternannten Kantinendiktatorinnen hilflos wie Soja-Bratlinge bei mittlerer Temperatur anschwitzen lassen. Gerade an schwülheissen Wochenenden werden sie sich ihrer unterdrückten Unkultur bewusst. Die einen hinterlassen in Stadien eine Spur der Verwüstung, andere hingegen zieht es in die Wildnis, wo sie ihre Reviere mit Bier und Urin olfaktorisch abstecken. Trotzig wanken sie mit Flip-Flops, Sixpacks und Kühltaschen bewaffnet in die Hinterhöfe des Grossstadtdschungels, in die verwilderten Parkanlagen und - werfen Fleisch auf glühende Roste. Fleisch!

   Der Grill, er ist die letzte Bastion eines zutiefst verwirrten Geschlechts. Am Lagerfeuer des Anti-Feminismus findet immer mehr deutsche Männer Trost. Gehörten kürzlich noch "Nido" oder "Die Zeit" zur Bettlektüre eines Strickjacken-Quotenmannes, so liegen heute vermehrt Kalbshirn-Rezepte aus "Beef" oder die Gebrauchsanleitung für den neuen Smoker auf dem Nachttisch des wiedergeborenen Leithammels. Über allem hängt medialer Rauch, auf jeder Debatten-Wiese spritzt das Fett. Ganz Harte lassen ihren Porsche rechts aussen in der Sonne stehen und braten Frikadellen auf der Motorhaube. Lecker.



   So viel unkontrolliertes Männerfleisch heizt nicht nur den Klimawandel an, sondern jagt auch den Cholesterinspiegel von Renate Künast in ungeahnte Höhen. Wer weiss, was die Grünen noch so auf der Pfanne haben. Ihre Rache könnte blutig enden. Am Ende kriecht man als letzter seiner Art einsam durch irgendeinen Nationalpark und sträubt ängstlich sein letztes Häärchen. Und keiner weiss, warum.

 

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