Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (02. Juni 2013)
 
Bescheiden
 

   Das kam dann doch etwas unerwartet, aber wir haben es schwarz auf weiss. Deutschland ist das beliebteste Land der Welt. Sagt die BBC. Unglaublich. Dabei hat Mutti doch kürzlich allen das Taschengeld gestrichen, kommt es im Ausland zu wütenden Demonstrationen, wenn die eiserne Kanzlerin zu Besuch ist. Die Griechen kennen Angela Merkel vermutlich inzwischen nur noch mit Hitlerbärtchen und Reitpeitsche.

   Zur Wahl standen 22 Länder, darunter Publikumslieblinge wie wie Iran, Pakistan, China oder Nordkorea. Und die EU. Letzter sollte man da nicht werden. Aber warum gleich die Nummer 1? Am deutschen Humor kann es nicht gelegen haben. Der gilt, falls überhaupt vorhanden, im Ausland noch immer als ausbaufähig. Genau wie die Küche. Die Horden aus dem Ruhpott, die ihre Handtücher frühmorgens auf den Badeliegen am Pool ausbreiten, können es ebenfalls nicht gewesen sein. Studienräte auf Toskana-Urlaub, die dem Reiseführer Florenz zeigen, wohl auch nicht.



   Vielleicht ist es ja die neue Bescheidenheit. Wir sind nicht mehr Papst, bezahlen und erlassen klaglos Milliarden - und selbst auf die sprichwörtliche Gründlichkeit wird inzwischen grosszügig verzichtet. Einst gefürchtet wegen ihrer Perfektion sammeln wir Deutschen heute Pluspunkte für lausige Planung. Der Hauptstadt-Flughafen und Stuttgart 21 bringen uns Europa und dem Rest der Welt vielleicht näher, als wir dachten.

   Verzichtet wird auch im Sport. Die Deutschen spielen grossartigen Fussball, Übersteiger statt Blutgrätsche. Die Zeit der Panzer auf zwei Beinen ist vorbei - selbst in englischen Boulevardblättern. Die lästige Angewohnheit, stets zu gewinnen, haben die Deutschen aber abgelegt. Und selbst wenn ein deutscher Verein ein Finale gewinnt, ist dafür gesorgt, dass wenigstens ein deutsches Team verliert. Mehr Rücksichtsnahme geht kaum.

   Der Titel für Deutschland geht also völlig in Ordnung. Kurzer Tusch und Applaus, Applaus, Applaus!

 

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