Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (05. Mai 2013)
 
Tierfilmer
 

   Nichts gegen Rituale. Nehmen wir nur die Balz der Birkhühner. Oder die Pressekonferenz als Vorspiel zu zu einer Bundesligapartie. Man kennt sich, man duzt sich. Blöd nur, wenn einer aus der Reihe tanzt und Jürgen Klopp, den Trainer von Borussia Dortmund, bittet, er möge nicht mit "den üblichen Floskeln" antworten.

   Selbst wer den Fussballtrainer nur aus der Rasierapparat- oder Autoreklame kennt, weiss, dass der in Stuttgart Geborene kein Phrasendrescher ist. Insofern ist es nicht mehr als gerecht, wenn der solchermassen Beleidigte von dem Frager wissen will: "Welches Ressort, was machen Sie, Tierfilme?"

   In dem Moment wird zweierlei klar. Erstens, dass sich die Zeiten geändert haben. Wenn früher ein Fussballtrainer einen Sportjournalisten blossstellen wollte, hätte er gefragt, ob er aus dem Feuilleton kommt. Zweitens, dass es schlecht um den gemeinen Tierfilmer stehen muss, wenn er nun schon als Erniedrigung herhalten muss.



   Auch wenn Klopp wie jeder anständige Fussballer seine Jugend auf dem Bolzplatz verbracht hat, muss die Frage erlaubt sein: Hat er denn nie ferngeschaut? Wenn er, Jahrgang 67, es getan hätte, dann müsste ihm in der Glotze Bernhard Grzimek begegnet sein, ein grosser Tierfilmer. Oder die Herren Heinz Sielmann, Hans Hass, Jacques-Yves Cousteau. In den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrtausend gab es mehr Tier- und Unterwasserfilmer im deutschen Fernsehen als Elefanten in der Serengeti.

   Vielleicht hat Trainer Klopp, den wir aus dem Fernsehen als einen Menschen kennen, der im Hier und Jetzt lebt, Grzimek und Co, auch verdrängt. Vielleicht beruht sein aktuelles Weltbild auf dem Programm der Gegenwart, in dem der Tierfilmer von Rang und Namen so gut wie ausgestorben scheint. Steht der Tierfilmer eigentlich schon unter Artenschutz? An seine Stelle ist einer getreten, für den das Tier nur als Ausgangsprodukt eine Rolle spielt, der Fernsehkoch.

 

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