Menschen, die weder etwas
von Fussball, noch von Steuerhinterziehung verstehen, haben
eine harte Woche hinter sich. Es ist ja nicht so, dass man nichts
zu sagen hätte. Man macht sich schon so seine Gedanken. Über
Gott, die Welt, den Kirchentag und darüber, ob Hape Kerkeling
auch Willem-Alexander kann und wie viel Derrick der Horst Tappert
am Stecken hatte. Aber interessiert das jemand?
Vielleicht
interessiert es Leute, die eine Ahnung von Fussball und von
Steuerhinterziehung haben, nicht. Aber gehen Sie doch mal raus
in die Natur, und sprechen Sie mit Pflanzen. Oder rein in die
Natur, falls Sie an ihrem Arbeitsplatz Grünzeug hegen und pflegen.
Pflanzen sind wahnsinnig gute Zuhörer. Man kann stundenlang
auf sie einreden, ohne dass Sie Ermüdungserscheinungen zeigen.

Ich
habe diese Woche meinem Ficus benjamina das Du angeboten. Man
kennt sich seit Jahren, ist mehr oder weniger miteinander verwachsen.
Apropos wachsen: Suche ich ein Gespräch über Haarentfernung
in Problemzonen, dann wende ich mich an den Kaktus meines Vertrauens.
Man muss wissen, mit wem man es zu tun hat. Deshalb bin ich
auch mit einer Beamtenlilie, dem Geschenk einers befreundeten
Oberstudienrats, noch nicht so eng. Ist mir zu grün hinter den
blättern.
Grundsätzlich sind Büropflanzen
wie Arbeitslkollegen. Blindes Vertrauen wäre fehl am Platz.
Nicht nur ein leckgeschlagener Untertopf kann ein Grund dafür
sein, dass eine Büropflanze nicht dicht hält. Viele verraten,
ohne mit der Wurzel zu zucken, mehr über ihren Besitzer und
dessen Tätigkeit, als dem lieb sein kann. In ihrer Diplomarbeit
hat die Kunststudentin Saskia Groneberg herausgefunden, dass
Bürpflanzen wahre Plaudertaschen sind. Wildspriessendes Grünzeug
über der Hängeregistratur spricht für einen öden Job.
Wundern
SIe sich also nicht, wenn eine Brombeerhecke hinterm Schreibtisch
Ihren Chef auf die Palme bringt. Im Übrigen, so die junge Frau,
seinen Büropflanzen als Symbole der Freiheit zu verstehen. Sie
dürfen am Arbeitsplatz das tun, was der Lohnsklave nicht darf,
sich hemmungslos entfalten.
Gilt natürlich
nicht für uns Redakteure. Mein Schreibtisch ist eine Mischung
aus Garten Eden und Streuobstwiese. Auch wenn mein Chef das
papierlose Büro propagiert, ich halte in meinem Blätterwald
die Stellung und weiss oft nicht, ob ich noch atme oder schon
auf Fotosynthese umgestellt habe. Solange ich aber regelmässig
meinen Verleger mit Ablegern eindecke, ist mir um meine Zukunft
nicht bange.
Der Rollrasen meiner Kollegen
im Sport ist so dicht, dass sie nicht mehr zum VFB-Training
müssen, um das Gras wachsen zu hören. Mitarbeiter, bei denen
Hopfen und Malz verloren schien, bauen jetzt welchen an.
Muss
aufhören. Eben schwingt mein Chef "Konferenz" rufend,
an seiner Lieblingsliane durch den Laden. Ich finde seinen Leopardentanga
ja albern, aber ihm gefällt's.
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