Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (31. März 2013)
 
Hoppla, jetzt kommen wir
 

   Nach dieser nervenaufreibenden Woche ist eines sonnenklar: Der Frühling ist nicht mehr das, was er einmal war. Man zittert sich in den Frühherbst. Und von den Zyprern gibt's beim nächsten Eurovision Song Contest wieder mal keine zwölf Punkte für Deutschland.

   Schade eigentlich. Doch als Deutscher hat man es nicht leicht. Das Image im Ausland habe gelitten, heisst es. Man hört so einiges. Werdende Mütter in Nikosia würden den Vornamen Wolfgang und Angela von ihren Wunschlisten streichen. Manch ein verschreckter zyprischer Kleinsparer will ganz aufs Taufen verzichten und die Neugeborenen lieber durchnummerieren, anstelle von Windeln die fransigen Bankeinlagen verwenden und die eingesparten Buchstaben in heimisches Olivenöl einlegen für die Fastentage nach Ostern. Die zyprische Fussballnationalmannschaft werde in ihrer Verzweiflung, inspiriert von den jüngsten Geizattacken von Jogi Löw, nicht nur ohne Stürmer spielen. Sondern gleich auch ohne störende Pfosten, Latten, Fanpfeifen und den sowieso meist abwesenden Torwart.



   Bloss: So ein Stürmer, was macht der dann? Bleibt halt sitzen auf seiner Bank. Oder davor. Oder wird umgeschult. Zum Bankautomaten (kratzfest, tränenabweisend) - oder zum minimalistischen Hitler-Bärtchen-Maler. Weil da vielleicht noch was geht. In der Kunst. Ansonsten herrscht auf der schönen, bei Altphilologen und russischen Grosssparern stets so beliebten Mittelmeerinsel die handelsübliche Alternativlosigkeit.

   Wer sich allerdings heute noch auf die Kultur verlässt, der ist verlassen. In Brüssel, Berlin und Klein-Rieslingen ergötzt man sich an der monotonen Poesie von Börsenindizes und Quartalsberichten, nicht aber an den Epen Homers. Keinen Eurokraten juckt es mehr, dass an der Küste des Mittelmeers dereinst die Wiege unseres Kontinents stand und dem Mythos nach Aphrodite, die Göttin der Liebe, der schäumenden Brandung entstieg. Wenn aber in diesen Stunden ein Zyprer aufs Meer hinausschaut, wird er am Horizont anstelle der Göttin lediglich eine germanische, den Daumen senkende Furie erblicken, die der deutschen Kanzlerin zum Verwechseln ähnlich sieht - und selbst zu schäumen beginnen.



   Immerhin findet unser Finanzminister in diesen frostigen Tagen wärmende Worte, zieht Vergleiche zu seiner wettbewerbsorientierten Schulzeit: "Wenn man manchmal bessere Ergebnisse hat, sind die anderen, die mehr Schwierigkeiten haben, auch ein bisschen neidig", erzählt Wolfgang Schäuble im Fernsehen mit einem inwendigen Schmunzeln. Also: Alles halb so wild. Wer die Besten, die Schnellsten in Europa sind, wissen "die anderen" spätestens jetzt. Man muss es einfach hinnehmen. Dass die Konjunktur in diesem Land wieder Gas gibt und die eigenen Menschen rechts und links überholt. Dass der Vettel bei Gelb rüde losrast und genau deswegen gewinnt. Dass in einem Münchner Gericht nur die schnellsten einen Platz bekommen. Und nicht etwa die anderen.

   Schade eigentlich.

 

Zurück