Man hätte gern was zum Weltfrauentag
nachgeschoben. Was Nettes, Freundliches, Aufmunterndes, einen
bunten Strauss mit Komplimenten. Nicht immer nur Blumen und
Mon Chéri. Aber man traut sich nicht. Sonst ergeht es einem
wie dem Herrn Staatsoberhaupt.
Soll
ein unbedachtes Wort im Zusammenhang mit der Sexismusdebatte
gesagt haben. Gauck und ein unbedachtes Wort? Kann ich mir nicht
vorstellen, dass der jemals ein unbedachtes Wort gedacht hat.
Jedem Mann auf diesem Globus ist ein unbedachtes Wort zuzutrauen.
Aber nicht Gauck, diesem blitzgescheiten Pfarrer a.D., dem die
Frauenherzen schon deshalb zufliegen, weil er in jungen Jahren
dem US-Schauspieler James Garner in der Rolle des Privatdetektivs
Jim Rockford teuflisch ähnlich sah. Und Roger Willemsen auch
nicht. Aber sonst allen.

Auf die Sexismusdebatte
angesprochen, hat Gauck im "Spiegel" gesagt: "Wenn
so ein Tugendfuror herrscht, bin ich weinger moralisch, als
man es von mir als ehemaligem Pfarrer vielleicht erwarten würde."
Hat er gesagt. Ohne rot zu werden. Jedenfalls haben sie es nicht
geschrieben. Hätte er besser nicht gesagt. Und dann hat er noch
gesagt, dass er "eine besonders gravierende, flächendeckende
Fehlhaltung von Männern gegenüber Frauen" nicht erkennen
könne. Eins muss ich sagen, "flächendeckend" hätte
ich als Frau dem Gauck bei dem Thema nicht durchgehen lassen!
Früher
hätte man gesagt, "Der Gauck redet Stuss" oder "Ich
bin nicht seiner Menung", Heute ist man "erschüttert",
verfasst Appelle und schaut, dass im Internet die Drähte glühen.
Drunter macht man es nicht. Egal, um was geht. Wenn in meiner
Jugend ein Schüler sitzenblieb, drehte er "eine Ehrenrunde".
Heute erwartet man von Heranwachsenden ein mittelschweres Trauma.
Taucht in einem Biokopfsalat ein Würmlein auf, von dem nicht
klar ist, ob es je grün gewählt hat, twittert man: Lebensmittelskandal!
Langsam habe ich den Eindruck, dass wir ein Volk von Opfern
sind - und am schlimmsten trifft es die, die mkein Trauma vorweisen
können.
Der "Zeit"-Kolumnist
Harald Martenstein schrieb diese Woche, "dass ich zu keiner
einzigen gesellschaftlichen Opfegruppe gehöre und in jeder gottverdammten
Debatte immer Teil der Tätergruppen bin, Männer, Deutsche, Weisse,
Besserverdiener. Das ist ein Scheissgefühl."

Ich
habe mir überlegt, was passieren würde, wenn Gauck wie wieland
Walter Scheel, unterstützt von zwei Düsseldorfer Männergesangsvereinen
(!), in einer TV-Show ein Volkslied anstimmen würde. Haben sie
den Text noch im Kopf? "Hoch auf dem gelben Wagen / Sitz'
ich beim Schwager vorn."
Hallooo,
geht's noch? Und wo ist die Schwägerin? Taucht nirgends auf.
Man muss Scheel zugutehalten, dass er erst ein halbes Jahr später
zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Heute gäbe das Krieg. Aber
gut, ich glaube, so was würde Gauck nicht machen.
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