Wer nicht hören will, muss
wühlen: Die Raucher Europas (immerhin noch ein Drittel der erwachsenen
Bevölkerung) werden spätetstens ab dem Jahr 2016 ihre alten
Zigarettenetuis hervorkramen müssen, denn die EU-Kommision will,
wie sie vergangene Woche bekanntgab, auf jede Zigarettenpackung
künftig abschreckende Schockfotos drucken lassen. Das sind dann
keine schöne Packungen mehr, da sind dann grössflächigr Raucherlungen
drauf zu sehen oder verfaulte Zähne - oder vielleicht sogar
der rauchende Altkanzler Helmut Schmidt (93), dessen Mentholzigaretten
nebenbei gleich mit verboten werden.

Die
Tabakindustrie lässt sich das nicht gefallen. Nach Informationen
von unserer Wirtschaftsredaktion will sie nun ihrerseits mit
Schockfotos vor der EU warnen. Zu sehen sein wird dem Vernehmen
nach unter anderem ein dickbäuchiger Beamter, der sich in einem
Hochglanzbüro unsinnige Richtlinien ausdenkt. Darunter der Text:
"Freiheitsberaubung made in Brüssel". Des Weiteren
sind Schockfotos aus Griechenland ("keine gemeinsame Währung
hinkriegen, aber aber uns Vorschriften machen") sowie von
Edmund Stoiber ("Endstation Brüssel") geplant. Angedacht
ist ein Sammelalbum, in das alle EU-Schockfotos eingeklebt werden
können. Aus England liegen angeblich schon erste Vorbestellungen
vor.
In deutschen Wahlkämpfen werden
Schockfotos schon seit längerem eingesetzt. Allerdings hat man
sie bislang Wahlplakate genannt. Nun soll gezielter als bisher
auch der politische Gegner angegangen werden: Steinbrück, wie
er einen hochbezahlten Vortrag hält. Merkel als Heimchen vor
dem Herd. Der Fantasie sind bei Schockfotos keine Grenzen gesetzt.
Die FDP plant einen ganz schmutzigen Schockslogan, den sie unter
das Foto eines Kuhfladen schreiben will: "Wer Grün wählt,
Trittin die Scheisse". Die Grünen wollen mit einem Bild
kontern, auf dem erschossene Hartz-IV-Empfänger auf einer staubigen
Hauptstrasse zu sehen sein werden. Der kurze, einprägsame Titel:
"Westernwelle".

Das
wirkliche Schockierende an den Schockfotos ist allerdings, dass
sie offenbar so gut wie keine Wirkung haben. Die Nachrichtenagentur
dpa liess kurz nach Veröffentlichung der EU-Pläne eine Psychologin
namens Sabine Glock zu WOrt kommen, die sich mit dieser Frage
beschäftigt. Bei Experimenten seien die Schockfotos zwar als
bedrohlich wahrgenommen worden, sagte Glock. "Aber bei
den Bildern mit ihrer drastischen Darstellung kommt es auch
oft zu nicht intendierten Wirkungen", so die 41-Jährige.
Paradoxerweise würden manche Raucher danach eher mehr als weniger
rauchen, weil: Die Betroffenen wollten sich instinktiv vor der
Bedrohung schützen. Ihr Gedankengang laut Glock: "Ich verteidige
mich dagegen und deshalb mache ich genau das Gegenteil von dem,
was erwartet wird."
Pardon, aber
das klingt, als wäre es an den Haaren herbeigezogen. Glock arbeitet
an der Universität Luxemburg. Die EU will künftig mit Schockfotos
vor dieser Universität warnen.
|