Dinge, so oder so

 

Die Dinge des Weltuntergangs 2012 (20. Dezember 2012)
 


Ohne uns
  

   Laut Maya-Kalender gehen am 21. Dezember die Lichter aus. Doch es gibt mindestens 33 Gründe gegen die Apokalypse.

1       Der nächste Weltuntergang. Denn was ihn nicht umbringe, mache ihn stärker, schwadronierte einst kein Geringerer als Friedrich Nietzsche. Der Philosoph wusste nämlich, dass der nächste Weltuntergang stets der schlimmste ist. Und der letzte, den man wider Erwarten überlebt hat, ein willkommender Anlass, einfach weiterzumachen. Und zwar selbstbewusster als je zuvor.

2       Die Fussball-Bundesliga. Auch wenn allen klar sein dürfte, dass diese elendigen Bayern wieder Meister werden, so ist das noch lange kein Grund, den Bettel hinzuschmeissen. Bei eminent wichtigen Frageritualen wie: Wer steigt ab? Wer steigt auf? Warum ist das Bier nicht kalt? Und: Wie prickelnd ist wohl eine Ganzkörperkontrolle vor dem Stadion (im Winter?) erübrigt sich jeder Zweifel über den Sinn des Lebens.

3       Noch - mindestens - eine grosse, bundesweit geführte und echt spannende "Wetten dass ...?" - Kandidatenkür. Man möchte ja unbedingt wissen, wer oder was nach Lanz kommt. Crusty, der Clown? Ein sprechender ZDF-Automat? Oder wieder diese Goldbären vertilgende Supernase, deren Name kein Mensch mehr kennt?

4       Die nächste Steuersenkung. 2013 ist ein Jahr der Wahlen. Irgendjemand verspricht garantiert Steuersenkungen und eine rosige Zukunft. Tipp: Genau diese Partei wählen und ganz arg freuen.

5       Die tolle Figur. Der irre Stress um den bevorstehenden Weltuntergang lässt die Pfunde purzeln, und zwar besser als jede Frühjahrsdiät in der "Brigitte". Endlich passt man in die verdammte Designerjeans. Schon deswegen lohnt sich unbedingt das endlose Weiter-so-Jammern.

6       Die nächste Frisurfarbe von Claudia Roth. Die Katastrophenvorstellung schlechthin: Claudia Roth sitzt beim Friseur, während die Welt in den Abgrund blickt. Und dann ist niemand da, der uns den Untergang in den schillerndsten Farben schildern kann.

7       Die vielen Weihnachtsgeschenke, die man bereits gekauft hat. Wäre doch schade, wenn man Hunderte von Euro umsonst ausgegeben hätte - und man mit dem neuen iPhone, der Rolex oder dem Geschenkgutschein fürs Heliskiing beim Beschenkten keinen Eindruck schinden könnte.

8       Das Knallen der Sektkorken an Silvester. Ein schönes Geräusch, das vor allem dann Vorfreude weckt, wenn guter Sekt oder gar Champagner ausgeschenkt wird. Tut dem Getränk, das Anfang des 20. Jahrhunderts auch als Medizin verschrieben wurde, aber gar nicht so gut, da zu viel Prickeln entweicht.

9       Der nächste Frühling. Der Winter ist bei allem Glanz dann doch eher deprimierend: Es ist kalt, matschig und glatt. Ein schlechter Zeitpunkt, um abzutreten. Schliesslich folgt auf den Winter immer der Frühling. Alles blüht, wächst und gedeiht - von den Frühlingsgefühlen ganz zu schweigen. Nur einen noch.

10      Der WM-Titel. Seit Jahren begeistern Jogis Jungs mit gepflegtem Kurzpassspiel und einem für die Teutonen ungewohnten Zauberfussball. Allein zum Titel hat es in diesem Jahrtausend noch nicht gereicht. Das muss anders werden - spätestens 2014 in Brasilien. Was nach dem vierten Weltmeistertitel passiert - geschenkt. Schliesslich soll man ja aufhören, wenn's am schönsten ist.

11      Ein Preis für Til Schweiger. Er ist jung, gut aussehend - und eine Granate im Bett. Findet Til Schweiger. Da jung, gut aussehend und vor allem eine Granate im Bett kein Ding für die Ewigkeit sind, muss vor der Apokalypse noch was Bleibendes her. EIn halbsweg renomierter Preis, kein Bambi oder so'n Quatsch - und wenn es nur die Goldene Himbeere ist.

12      Die Zeitung vom morgen. Wenn schon untergehen, dann doch bitte bestens informiert. Schliesslich will man doch wissen, warum der Planet gerade zum Teufel fährt. Eine Tasse Kaffee und die Zeitung von morgen, in der das Geschehen gewohnt unaufgeregt eingeordnet und kommentiert wird, muss schon drin sein.

13      Snobismus. Ein Weltuntergang ist der Masse über das Individuum. Alle sind gleich, alle gehen unter, alle sind weg, es gibt keine Sieger, nur Verlierer. Ein bisschen wie Nordkorea. Das kann nicht schön sein. Wenn sonst jemand stirbt, gibt es immer welche, die sich darüber freuen: Erben, Bestattungsunternehmer, ärgste Feinde. Nicht so beim Weltuntergang: Alle im Orkus. Der Mensch hat was Besseres verdient, als zusammen mit den anderen Menschen unterzugehen.

14      Lektüre der Zukunft. In jedem Haushalt stehen ein paar ungelesene Bücher, die man selbstverständlich noch lesen will, zum Beispiel "Der Untergang des Abendlandes". Zugegeben, die meisten davon wird man vor dem eigenen Ableben wohl nicht mehr lesen, weil immer was dazwischenkommt. Und von diesem Aufschieberitis soll man sich durch einen gut vorhergesagten Weltuntergang abbringen lassen? Niemals!

15      Der Vorrat. Wenn man schon ein bisschen älter ist, so um die 30, neigt man dazu, bestimmte Dinge in mehrfacher Ausfertigung zu erwerben. Unterhosen, Rasierklingen, Strümpfe. Zehnmal Modell "Airport" in Dunkelbau, bitte! Wenn nun der Weltuntergang zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommt, kann es sein, dass im Kleiderschrank Dutzende von nie getragenen Strümpfen, Unterhosen und T-Shirts zurückbleiben. Angesichts der Preise ist das schlimmer als schade: Eine Schande.

16      Die Wette. Wer 20 Euro darauf gesetzt hat, dass Lazio Rom italienischer Fussballmeister wird, möchte auch das Saisonende miterleben. Selbst wenn er nicht daran glaubt, dass es Lazio (im Moment auf Platz vier) noch schafft.

17      Was nachkommt, ist selten besser. Die Welt mag ihre Fehler haben, aber die Alternativen sind auch nicht gerade verlockend. Totsein ist - je nachdem, woran man glaubt - schmerzhaft bis langweilig. Bis ein neuer Planet gefunden wurde, den die Menschheit quälen kann, muss die Welt durchhalten.

18      Stuttgart 21. Seit gefühlten 50 Jahren wird über das Projekt gestritten. Ein Jammer, wenn es nie zu einer endgültigen Entscheidung käme.

19      Die Kälte. Wenn schon Weltuntergang, dann bitte nicht bei Schmuddelwetter und Minusgraden. Im Sommer, mit einem kühlen Drink in der Hand, kann man dem Ende viel gelassener entgegensehen.

20      "Django Unchained". Der neue Film von Quentin Tarantino läuft im Januar in deutschen Kinos an. Christoph Waltz als altkluger Kopfgeldjäger, Leonardo DiCaprio als diabolischer Plantagenbesitzer. Seit Wochen machen einem Trailer den Mund wässrig. Unmöglich, das zu verpassen!

21      Der Resturlaub. Stand jetzt stehen bei mir noch fast drei Wochen aus, die abgefeiert werden müssen. Geht schon rein rechnerisch nicht bis zum 21. Dezember. Und der Sachbearbeiter in der Personalabteilung ist unter keinen Umständen bereit, den Urlaub auszuzahlen.Sonst könnte man ja vor der Apokalypse mit der Mörderkohle noch ordentlich einen draufmachen ...

22      Der Nachwuchs. Wozu setzt man Kinder in die Welt, wischt ihnen jahrelang den Hintern sauber, fährt sie eine gefühlte Ewigkeit morgens in die Schule, gibt ein halbes Vermögen für Geigenunterricht aus und verzichtet auf Luxusreisen, wenn die Blagen nicht erwachsen werden dürfen? Alle Eltern dieser Welt haben ein Recht auf die Post-Kinder-Phase!

23      Ostern bei den Schwiegereltern. Lecker Pastetchen, Putengeschnetzeltes, reichlich Salat, gut gekühlter Weisswein, zum Dessert eine riesige Schüssel voller Eiscreme nebst frischer Ananas. Keine Atempause. Kaum, dass die Teller abgeräumt sind, wird Kaffee und Kuchen aufgetischt. Und um fünf Uhr geht man pappsatt und glücklich wieder heim. Herrlich, diese Aussichten.

24      Das neue iPhone 6. Kaum hat Apple ein neues Modell auf den Markt gebracht, ist es wieder veraltet. Aber die nächste Generation soll Sachen können, die glaubt man echt nicht: 3-D-Kamera, automatisches Bezahlen an Supermarktkassen, endlich ordentliches Kartenmaterial und was weiss ich nich noch alles. Muss man haben.

25      Die nächsten Nobelpreise. Der Nobelpreis für Literatur ging in diesem Jahr an einen Zensurbefürworter in China. Was kommt als Nächstes? Eine Auszeichnung für einen Kreationisten in der Kategorie Medizin, der Friedensnobelpreis für die Jungs von Hamas und Bibi Netanjahu? Fragen, die erst 2013 beantwortet werden.

26      Die Energie der Zukunft. Atomkraft? Nein, danke! Kohle? Problematisch. Öl? Wohl auch nicht von Dauer. Stattdessen soll es nun Wasser, Sonne  und Wind richten. Nach all den Jahren des Tüftelns würde man am Ende aber gerne noch wissen, was die Energie der Zukunft ist.

27      Der schnurrende General. CSU-Chef Horst Seehofer hat angekündigt, dass sich die CSU künftig anständig aufführen wird. Schliesslich ist 2013 Bundestagwahl. Die CSU werde schnurren wie ein Kätzchen, versprach Seehofer. EIn schnurrender CSU-General Alexander Dobrindt, der sich an Mutti schmiegt, während er dem ZDF eine nett gemeinte Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlässt. Dass muss man erlebt haben.

28      Olympia. Das Internationale Olympische Komitee tut wirklich alles, um die Spiele noch attraktiver zu machen. Beispiel: Beachvolleyball der Frauen in genau abgemessenen knappen Höschen. Da jodelt die Quote. Demnächst folgen Golf und Rugby. Aber das kann noch nicht das Ende gewesen sein (ausserdem will man ja sehen, in welchen Höschen die Rugby-Spieler über den Platz rennen).

29      Die Wiedereraufstehung der FDP. Selbstdemontage ist ihr Metier. 2013 wird gewählt, und es sieht nicht gut aus. Überhaupt nicht gut. Wer 33 nach Christus verpasst hat, erlebt im nächsten Jahr die Auferstehung von den Toten II. Warum? Weil am Ende doch wieder fünf Prozent die Liberalen wählen. Und wenn es nur aus Mitleid ist.

30      Was macht eigentlich Josef Blatter? Der Fifa-Chef, dessen Auftritte wohl nur noch hartgesottene Stromberg-Fans schadlos überstehen. Soll Teflon-Sepp wirklilch bis zum jüngsten Tag den Fussball regieren? Eine grässliche Vorstellung.

31      Silvios Rückkehr. Nach dem Tod Kim Young Ils und Muammar Gadafis Bad in der Menge musste man befürchten, dass die Zeit der geistig und hormonell verwirrten Staatschefs vorbei sei. Da erreicht uns die frohe Kunde, dass Silvio Berlusconi sein Comeback plant. Zugegeben, für Europa ist der Medienmogul und Politiker-Mime der nächste Schritt Richtung Abgrund. Aber dank der Eskapaden des personifizierten Samenstaus hat man wenigstens was zum Lachen. Dem frivolen Lustgreis ist selbst eine Gummipuppe als Ministerin zuzutrauen.

32      Mutterns Weihnachtsgans. Das ganze Jahr über ist sie fröhlich über die Wiese gewatschelt. Hat geschnattert, gefressen und was man als Bio-Gans eben sonst noch so tut. Das ist nun vorbei. An Weihnachten wartet Mutterns Ofen. Aus organisatorischen Gründen dieses Jahr erst am 26.

33      Das neue Album von Tocotronic. Es erscheint im Januar, heisst "Wie wir leben wollen". Es wird mehr als nur Musik sein. Ein Statement.
 

 

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