Schlechte Nachrichten sind
die besten Nachrichten, so lautete einst der deutsche Redakteursgruss.
Die meisten Schreiber trugen sandgestrahlte Peter-Scholl-Latour-Frisuren
- und tippten keine Zeile, wenn nicht mindestens eine blutige
Revolution im Gange war. Korrekturprogramme gab es damals nicht.
Als Faustregel bei der Kommasetzung galt: Pro Toter ein Beistrich,
pro Bekennerschreiben ein Semikolon. Das war zu einer Zeit,
als man hinter dem Begriff Internet noch eine terroristische
Untergrundorganisation vermutete und für Leitartikel in der
Länge dieser Glosse ein Päckchen Roth-Händle in Flammen aufging.

Tempi
passati. Angesichts der jüngsten Hiobsbotschaften aus der Medienbranche
benötigt man als Journalist zwei Schachteln eines starken Antidepressivums
(aus dem Internet), um das Zittern des kleinen Fingers über
der Returntaste zu unterbinden. Angstschweisstropfen lassen
die Tastaturen schneller korrodieren als das Vertrauen in unsere
schmierige Adventskalenderindustrie.
Da
hilft nur noch analoges Jammern. Oder eine gute Geschäftsidee.
Wer weiss, möglicherweise sollte man als Lohnschreiber auf teure
Kommata und Vokale ganz verzichten. Die Papierkosten würden
gesenkt, schliesslich wären die Artikel kürzer und attraktiver
gerade für Leserfaulis und Migranten. Die Überschrift in der
"Bild"-Zeitung könnte so lauten: "Dtschld rstt
sch fr Rssnptsch", was näher dran ist als diese lasche,
von allen überflüssigen Ressentiments gereinigte Zeile "Deutschland
rüstet sich für Russenpeitsche". So was zieht doch nicht.

Noch
so ein Gedanke: Gut möglich, dass gerade jüngere Menschen lieber
Zeitungen lesen als die Gebrauchsanleitung für ihr neues Smartphone,
wenn sie auf diesem schmackhaften Esspapier gedruckt wäre. Das
gab es früher beim Bäcker. Dann würden die jungen Hüpfer morgens
auf die anstrengende Zubereitung eines Birchermüslis verzichten.
Und stattdessen nach der flüchtigen Lektüre einen Leitartikel
knuspern oder eine Seite drei um irgendwelche Griechenlandhilfen
in ihren Milchkaffee tunken. Lecker. Die Menschen haben ja immer
weniger Zeit für das ganze Blabla, heisst es. Andererseits wäre
das auch schade um die vielen liebevoll recherchierten Texte.
Zeitungsartikel sind doch keine eiskalten Armutsberichte, die
man sich von billigen FDP-Korrekturprogrammen in eine kaminwarme
Landlust-Schwadronage kaputtredigieren lässt.
So,
das musste mal geschrieben werden, koste es noch so viele Vokale.
Und jetzt? Keine Ahnung. Auf jeden Fall mal ... weitertippen.
Und abwarten, was kommt. Godot. Ein riesiges, gefrässiges schwarzes
Loch. Oder ein Hobbit. Einfach mal schwitzend in die druckergeschwärzte
Zukunft schauen, panisch vibrierend wie ein ranziges Lachshäppchen
auf einem Pausentablett beim Weltklimagipfel in Doha, bevor
der Bundesumweltminister Peter Altmaier erbarmungslos zuschlägt.
Der kennt ja kein Erbarmen. Schade nur, dass dort keine essbaren
Zeitungen ausliegen.
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