Der erfolgreiche Start des
neuen James-Bond-Films hat die allgemeine Aufmerksamkeit auf
die Branche der Geheimdienste gelenkt. Deren Agenten haben einen
harten Job und durchlaufen eine gnadenlose Auslese. Genommen
wurden lange Zeit nur Männer mittleren Alters ohne Hauptschulabschluss,
die ihr rechtes Auge verloren hatten und stundenlang, ohne sich
zu bewegen, in einer türkischen Teestube ausharren konnten,
um die staatsfeindlichen Umtriebe der Gemüsehändler zu beobachten.
Sie mussten zudem in der Lage sein, in einer fremden Hotelbadewanne
auf den Grund zu tauchen und auszuharren, bis die Bar öffnet.
Dort hielten sie sich drei Stunden lang an einem handgeschüttelten
Glas stillen Wasser fest. Diejenigen, die über dieser Tätigkeit
einnickten, bezeichnet man als Schläfer.
Heute
müssen Geheimagenten vor allem die Praxis des Abhörens genau
beherrschen: Dabei werden Brustraum, Zwerchfell und Verdauungstrakt
feindlicher Geheimnisträger auf verschluckte USB-Sticks abgehört.
Zur Grundausstattung der Agenten gehört eine hellbeige Windjacke,
in die bis zu zehn falsche Monatskarten für den öffentlichen
Nahverkehr, ein Gutschein für das Schleudertraining auf dem
ADAC-Verkehrsübungsplatz und ein Stadtplan von Bad Münstereifel
eingenäht sind.
Auch unsere Redaktion
hat Agenten im EInsatz, ohne die diese Kolumne undenkbar wäre.
Sie nutzen eine Verschlüsselungstechnik, bei der allen staatlichen
Kontrollgremien ein X für ein U vorgemacht wird. Einige von
ihnen haben wir mit unseren Drohnen in den Luftraum über den
Stammtischen geschossen. Was sie dort an subversiven Umtrieben
erleben, ist so grauenhaft, dass es der Geheimhaltung unterliegt.

Unsere
Agenten waren bei den wichtigsten nachrichtendienstlichen Operationen
dervergangenen Jahre beteiligt. So schoben sie dem damaligen
bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber jenes Glas Dunkelbier
unter, das zur legendären Flughafenrede ("wenn Sie Frankfurt
sich ansehen, dann werden Sie feststellen, dass zehn Minuten
Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen, um ihr Gate zu finden")
und schliesslich zu seinem Sturz führte. Jan Ullrich wurde von
uns mit illegalen Nutellabroten versorgt und in die Abhängigkeit
getrieben. Eine in unseren Labors handgeknetete Puppe schaffte
es sogar bis an die Spitze der FDP. Und dann der Einsatz in
der Schreibstube einer bulgarischen Kaserne: Dort liessen wir
uns einschliessen, um die Kaliber der getrunkenen Wodkaflaschen
auszuspionieren! Darüber dürfen wir aber nicht reden, sondern
müssen gegenüber Leseren und Kollegen so tun, als seien wir
Bilanzbuchhalter einer Schraubenfabrik.
Übrigens
enthält auch diese Kolumne eine geheime Botschaft. Schneiden
Sie alle Buchstaben aus, und schütteln Sie sie gut durch. Nicht
rühren! Mit dem Canaris-Code, den Ihnen ihr pensionierter Geschichtslehrer
gerne erklärt, stossen Sie auf genauere Anweisungen. Beim nächsten
Treffen erkennen Sie uns an der hellen Windjacke.
|