Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (12. August 2012)
 
Spektakuläres Stillleben
 

   Eine kuriose Woche liegt hinter uns. Uns erreichte eine rätselhafte Fotografie. Zu sehen war eine bräunlich-rote Landschaft, die von Pusteln, Krümeln, Kratzspuren und krustigen Rändern übersät war. Eine unappetliche Umgebung. Wie das Innere einer Redaktionsspülmaschine nach einer Weihnachtsfeier. Zunächst dachten wir, dass uns eine Urlaubsimpression von der Adria zugeschickt worden ist, wo eine unbarmherzige Sonne nordrhein-westfälische, mit Ajvar und zwiebeligem Schweiss marinierte Fleischberge seit Wochen konstant auf Grilltemperatur hält. Doch zwischen den rosa glühenden Erhebungen waren keinerlei Kaffeekännchen, Goldketten und Warsteiner-Flaschen erkennbar. Sonderbar.



   Doch bei genauer Betrachtung hatte dies Bild etwas Kontemplatives an sich, bescherte ein befreiendes Gefühl, als wäre man gerade auf einer Damentoilette mit der aufgeschlagenden Erstausgabe von "Siddhartha" unter dem verkaterten Schädel aufgewacht oder hätte ins realitätsferne Gesicht von Phillip Rösler geblickt, dem Herrmann Hesse der FDP (man beachte die Brille!), der in den unendlichen Weiten des Alls nach deinem politischen Ich sucht und wahrscheinlich aus dem liberale Materie schlürfenden Schwarzen Loch nie wieder zurückfinden wird. Die Frage war aber: Woher kam bloss das narkotisierende sozialrote Wetterleuchten? Von den sinkenden Wachstumkurven Italiens, welche die Farben sonnenreifer San-Marzano-Tomaten angenommen haben? Vom rauchumwölkten Liebesschnurren eines virilen Altkanzlers? Oder sind es jene Babypupser aus dem Wickelzimmer der SPD, die der ökonomische Möchtegern-Pyromane Sigmar Gabriel aus Verzweiflung darüber zündet, dass sich auf dem schwierigen Schwarzmarkt für Organhandel immer noch kein pulsierendes Spenderherz für seine Partei auftreiben liess?

   Nicht alles, was am Horizont orangerot strahlt, verheisst auch Wärme, erotik und Leidenschaft. Jemand kam deshalb auf den Gedanken, die staubige Leere auf der besagten Fotografie müsse etwas anderes bedeuten. Möglicherweise handle es sich, hiess es, um ein Sinnbild für die intellektuelle Verödung unserer Gesellschaft angesichts der Sportlerstatements, mit denen wir Tag für Tag von London aus bombadiert werden und die uns längst in eine hirnlose Wüste katapultiert haben. Die Kraterinformationen deuten allerdings darauf hin, dass die abstrakte, kaum zweidimensionale Formation eher jener Computertomografie ähnelt, die während der Leichtathletik-Kommentierung von Wolf-Dieter Poschmanns Sabbelkopf gemacht wurde. Die spektakulären Aufnahmen (Curiosity) landeten irrtümlich bei der NASA, deren leicht zu begeisternde Wissenschaftler sie mit irgendwelchen belanglosen Stillleben vom Mars verwechselt haben.



   Sollten Sie aber, geneigter Weltraumfreund, eine Vermutung haben, was tatsächlich hinter diesen ominösen Staubkrater stecken mag, schicken Sie selbige an unsere patente Haus- und Gartenredaktion. Wer weiss, vielleicht war zu viel Schneckengift im Spiel.
 

 

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