Wissenschaftler geniessen
ja deshalb ein so hohes Ansehen, weil kaum einer versteht, was
sie eigentlich machen. Je geschwollener sich einer ausdrückt,
je komplizierter die Materie, an der er arbeitet, umso grösser
der Respekt. Insofern war es eine Sternstunde der Wissenschaft,
was diese Woche in Genf geschah: Führende Köpfe der Elementarteilchenphysik
verkündeten, sie hätten etwas entdeckt, was bislang kein normaler
Mensch vermisst hat. Auf dieser Pressekonferenz wurde zwar keine
Geschichte geschrieben, aber Masse gemacht.
Im
Kern geht es um irgendwelche Teilchen, benannt nach einem Herrn
namens Higgs. Diese Teilchen halten angeblich das Universum
zusammen, ohne sie würde sich angeblich die Welt auflösen, sie
geben dem Ganzen angeblich Gewicht und halten es somit zusammen.
Angeblich. Man muss als guter Wissenschaftler ja immer Fragezeichen
setzen. Endgültig, also zu hundert Prozent, hat man diese Teilchen
noch nicht identifizieren können, aber man ist sich so gut wie
sicher. Das ist natürlich trotz aller Unwägbarkeiten eine Riesensache,
und deshalb ging die Nachricht auch um die Welt, als würde sie
einer verstehen.

Entscheidend
ist ja auch der Versuch, das ist wie bei Mann und Frau. Was
im anderen Geschlecht vor sich geht, wird man wohl nie nicht
verstehen. Aber wenn sich beide Mühe geben, kann es für eine
ordentliche Ehe reichen. Insofern sei jeder gelobt, der die
Berichte über die wissenschaftliche Sensation gelesen hat. Der
Wille zählt.
Am Beispiel einer Cocktailparty
hat mal ein Physiker versucht, das Unerklärliche zu erklären:
Alle stehen verteilt im Raum, da kommt ein Promi herein, um
den sich dann alle scharen. Das Getuschel im Raum über den hereinkommenden
Promi, das seien die Higgs-Teilchen, die Häuflein, die sich
daraufhin um den Promi bilden, die würden dann erst die Masse
erzeugen. Puh! Alles klar?
Das letzte
Mal, dass so gross über Dinge berichtet wurde, die den Horizont
von normalen Menschen übersteigen, war, als das Genom des Menschen
entschlüsselt worden war. Grosse Aufregung. Sonderseiten in
den Zeitungen. Von der Bedeutung her nicht zu unterschätzen,
keine Frage. Aber dann hat sich der Mensch wieder anderen Dingen
zugewandt: Hund, Katze, Festgeldkonto.

Apropos
Geld: Die Sache mit dem Euro entwickelt sich immer mehr zur
Wissenschaft. Wer kennt noch die Summen, mit denen Deutschland
haftet? Und für wen? Was hält die Troika zusammen und was bedeutet
es, wenn der Rettungsschirm für die gemeinsame Währung nun unendlich
gross wird? Die Einzige, die noch den Durchblick zu haben scheint,
ist unsere Frau Dr. Merkel. Deshalb scharen sich auch alle um
sie, wenn sie einen Raum betritt. Alleine wäre sie nichts, so
aber kriegt sie Masse. Der Glaube, Frau Dr. Merkel könnte ganz
Europa retten, das sind die Higgins-Teilchen, das hält den Laden
überhaupt noch zusammen. Es ist wohl kein Zufall, dass Frau
Dr. Merkel in Physik promoviert hat.
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