Diese Woche gab eine Wissenschaftsmeldung
unter der Überschrift "Mehr Kondition ohne Genetalien"
den Männern Anlass zur Hoffnung. Biologen wollen herausgefunden
haben, dass viele Spinnenmännchen beim Akt ihre Sexualorgane
verlieren, indem sie ihren Bulbi beherzt abbeissen und den ganzen
Plunder einfach in den Epigastralfurchen der Weibchen stecken
lassen würden. Was für ein Horror, denkt der Laie und schreit
schon nach dem Sanitäter, während der Urologe frohlockt. Doch
keine Sorge: Die Eunuchen seien nach dem Verlust sogar
die besseren Kämpfer, wenn es darum geht, ihr Weibchen gegen
nachfolgende Konkurrenten zu verteidigen. Zudem hätten sie im
Allgemeinen eine bessere Ausdauer in allen Lebenslagen.

Und
so stockt man mitten im verspäteten Frühjahrsputz, starrt beschämt
aus dem Fenster und lässt seinen Staubsaugerrüssel erstmals
traurig hängen. Die Leidenschaft beim Ausschlürfen der Ecken
und Spalten, in denen zuhauf das Ungeziefer fröhlich umherspinnt,
weicht nun einem tief empfundenen Respekt vor den Leistungen
dieser possierlichen Vielbeiner. Von den Überlebensstrategien
der Arachnida kann man einiges lernen - und viele Netzwerker
tun es bereits. Man muss nur genau hinschauen.
So
verharren Millionen mit ihren dicken schwarz-rot-goldenen Hinterleibern
tagelang regungslos vor den Fernsehern, fixieren zwei Netze
und lassen aus ihren Mundwinkeln ein klebriges Verdauungssekret
aus schalem Bier und Chips tröpfeln. Ein Blick in den prall
gefüllten Schuhschrank der Mitbewohnerin nährt den lang gehegten
Verdacht, bei der Frau handelt es sich um ein achtbeiniges Exemplar.
Auch verwendet der Innenminister, der bisher auf dem rechten
Auge blind zu sein schien, bei der Jagd auf staatsfeindliche
Parasiten neuerdings hektisch durchdrehende Facettenaugen, mit
denen er bei Razzien endlich nicht nur verlassene Spinnweben
aufspürt.
Draussen ziehen Jogger bis
tief in die Nacht ihre Runden. Ihre Ausdauer verdanken die ausgemergelten
Spinnenwesen der Einsicht, dass in unserer Dienstleistungsgesellschaft
Sex überbewertet wird. Wer als Mann Burnout und Depressionen
vermeiden will, sollte sich baldmöglichst selbst kastrieren
und noch mehr joggen und Überstunden leisten als bisher, so
lautet zumindest das Resümee des arbeitsgeberfreundlichen Gesundheitsreports
des Robert-Bosch-Instituts, für die eintausend noch übergewichtige
Büro-Weberknechte und Kantinenmilben befragt wurden.

Abnehmen
ist gesund. Weg mit dem Bulbi, heisst die neue politische Devise.
In Brüssel, wo man sich angesichts des drohenden Ausgangs der
griechischen Parlamentswahlen fragt, ob es nicht auch mal ohne
ginge und man deswegen das sinnliche Land einfach in der Epigastralfurche
Europas auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen könnte.
Falls
Sie sich nach der Lektüre dieser klebrigen Kolumne noch etwas
schwerfällig fühlen, üben Sie endlich Verzicht. Beissen Sie
sich durch! Und gehen Sie danach ein bisschen joggen.
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