An dieser Stelle erwartet
den Leser jede Woche eine absolut schlackenlose Kolumne, schlank
in der Argumentation und ohne die geringsten Ablagerungen blutdruckschädigender
Fettstoffe. Das ist umso wichtiger, als unsere Gesellschaft
in der warmen Jahreszeit förmlich von Schlacken durchseucht
wird. Auch diese Woche begannen Menschen wieder, ihre Oberschenkel
und Hüften panisch nach schlackigen Ablagerungen abzutasten
und zu beklagen, dass sie im WInter jene ungebetenen Gäste nicht
dingfest gemacht haben, die jetzt ihr Bindegewebe unterwandern.
Wer Glück hat, kann die eine oder andere Schlacke mit einer
Fliegenklatsche erledigen (Vorsicht: Erlegte Schlacken gehören
nicht in den Hausmüll!), doch meist ist es zu spät. An den Schuhen
kleben Schlackenreste, sie lähmen das Unternehmertum, verstopfen
die Überholspur, verkleben soziale Kontakte und legen sich ölig
aufs Gemüt.

Der
Imagewandel der Schlacke ist erstaunlich: Die grossen Entdecker
tauschten einst an fernen Gestaden Schlacken gegen Gewürze,
Gold und Frauen. Heute tauschen viele Frauen ihr verschlacktes
Bindegewebe gegen ein straffes Austauschteil aus Fernost. Der
Vorschlag, Schlacken öffentlich und abschreckend zu verbrennen,
wurde im Zuge der Feinstaubdebatte verworfen.

Dabei
sind Schlacken einfach aufzuspüren. Wer nach einem Téte-à-Téte
mit vier Weissbieren und einem gegrillten Schweinehals aufwacht,
kann meist noch vor dem ersten Hahnenschrei eine frische Schlacke
am Oberschenkel ertasten - im Volksmund auch Orangenhaut genannt.
Sich auf die andere Seite zu drehen, bringt keine Linderung.
Gottlob ist Deutschland mittlerweise übersät mit Entschlackungszentren,
in denen Patienten von sonnengebräunten Ernährungsberatern gedemütigt
werden und sich gemäss der alten Regel "Gleiches mit Gleichem"
Packungen mit getrockenden Altschlacken auf ihre empfindlichsten
Problemkörperteile pressen lassen.

Dennoch
nimmt die Verschlackung in der Politik alarmierend zu. Über
den Bauch des Berufspolitikers, wo sie sich im politischen Nervenzentrum
Mensa populare (vulgo Stammtisch) anlagern, arbeiten sich Schlacken
bis zum gesunden Menschenverstand vor. Sie führen dort zu einer
völligen Sklerose und lösen einen Reflex aus, sich und den anderen
Gutes zu tun, Durch Zuwendungen aller Art verfettet sich der
Staatshaushalt bis zum Infarkt, allerdings ist die Stimmung
im Volk Spitze. Jedermann schlingt Subventionen in sich hinein
und wabbelt vor Lachen mit dem Bauchspeck, wenn er an
die Zukunft denkt. Diese Symptome sind der Wissenschaft lange
bekannt und werden als Cellulitis, im Volksmunbd auch als "griechische
Krankheit" bezeichnet, was auf ihren Entdecker Nicos Cellulitis,
einen Athener Arzt des 19. Jahrhunderts,zurückgeht. Dort sind
auch die einzigen ernsthaften Bemühungen einer nationalen Entschlackung
eingeleitet worden. Sollte sie gelingen, gibt es ein Problem:
Wohin mit den Altschlacken? Wer zu Hause noch ein Plätzchen
in der Garage hat, möge sich melden.
|