Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. März 2012)
 
   Zapfenstreich für alle
 


   Die Themen für diese Kolumne werden für gewöhnlich in der Redaktionskonferenz per Akklamation ermittelt. Diese Woche gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Weltfrauentag und Grossem Zapfenstreich.

   Für den Weltfrauentag stimmten zwar mehr - was einerseits Ausdruck einer hohen Frauenquote in der Redaktion ist, andererseits belegt, dass der Anteil domestizierter Männer weit über dem bundesdeutschen Schritt liegt. Die Zapfenstreich-Befürworter mit ihren schwarz-rot-goldenen Vuvuzelas waren allerdings lauter, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als unsere Rechercheure hinauszuschicken in die Welt, um Sie, liebe Leser, zu fragen, wonach Ihnen denn der Sinn steht.



   89,76 Prozent von Ihnen vertraten die Meinung, dass ein Zapfenstreich nicht nur für hohe und allerhöchste Amtsträger reserviert sein dürfe. Der Zapfenstreich müsse endlich in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Die Kollegen des Zweiten Deutschen Fernsehens werden diesem Wunsch bei ihrem "Politbarometer" Rechnung tragen und fortan fragen: "Wenn nächsten Sonntag für Sie Zapfenstreich wäre, welchen Song müsste die Bundeswehr für Sie intonieren?"

   Nicht ganz so viele, aber immerhin 78,98 Prozent aller Befragten machten sich dafür stark, dass ausser einem Organspendervermerk im Personalausweis künftig auch steht, welcher Marsch einem im Falle eines Zapfenstreichs geblasen werden soll.

   99,99 Prozent der befragten Leser plädierten für eine ausgewogene Berichterstattung, nicht nur im Ernährungsbereich. Wenn, wie in dieser Woche geschehen, Weltfrauentag und Weltzapfenstreich auf einen Termin fallen, müsse man darauf achten, dass kein Thema zu kurz komme. Selbst dann, wenn der Begriff Zapfenstreich eigentlich irreführend sei, kämen dabei doch kaum Streicher zum Zug.

   Nur 0,01 Prozent aller Leser traten dafür ein, den Weltfrauentag bei unserer Berichtserstattung unter den Tisch fallen zu lassen, ja, ihn ersatzlos aus dem Kalender zu streichen. Wohin der Tag führe, habe man bei "Bild" gesehen, wo am Weltfrauentag die Redakteurinnen daheimbleiben durften. Die Männer nützen das schamlos aus und schafften das Seite-1-Girl ab. Einige Leser regten an, die dadurch in der Medienlandschaft erstandene Lücke Versorgungslücke auf unserer Titelseite zu schliessen. Zum Zapfenstreich hatten sie keine Meinung.



   Bei den grössten Zapfenstreich-Hits aller Zeiten hat sich nach Meinung unserer Leserschaft nichts geändert. Auf Platz eins rangiert weiter "Smoke on the Water", gewünscht vom scheidenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Es sei ihnen egal, sagten sie, das von Guttenberg den Song nicht selbst geschrieben habe.

   Hinweis in eigener Sache: Auch unsere Redaktion hat den Weltfrauentag in Würde begangen. Die Frauen in unserer Redaktion mussten nicht nur Bier holen. Sie durften die leeren Flaschen wieder wegbringen und das Pfand behalten.
 

 

Zurück