Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (25. Dezember 2011)
 
   Der Ponyhof ist kein Leben
 

   Eigentlich wollten wir an dieser Stelle mal so richtig dem Pferd die Sporen geben, die Sau rauslassen, den Hühnerstall stürmen. Und zwar weil uns diese Weihnachtsruhe nervt. Fest der Liebe - Fest des Friedens - pah! Ist doch alles Heuchelei. Wir haben keine Respekt vor Ämtern oder christlichen Feiertagen. Kritische Journalisten sind wie bissige Staatsanwälte. Unser einziges Bestreben, unser ständiges Ziel ist die Anklage, die Bestrafung. Leider ist es nicht so einfach in diesen Tagen.



   Wir wollten zum Beispiel mit der Occupy-Bewegung abrechnen. Das sind die, die irgendwas gegen Banken haben und deshalb so lange vor dem Bankautomaten zelten, bis ihnen wieder der Pin-Code für ihre EC-Karte einfällt. Die haben jetzt vor, die FDP zu unterwandern. Die Liberalen haben derzeit so um die 65 000 Mitglieder, woraus diese Camper schliessen, dass sie nur 65 000 plus eine Stimme bräuchten, um den Laden in eine Linkspartei verwndeln zu können.

   Dazu hätten wir Deftiges zu sagen: Sind solche Kampfmassnahmen gegen eine Partei, die in Meinungsumfragen seit Monaten kaum mehr nachweisbar ist, nicht Leichenschändung? Und haben nicht die Bolschewisten im Zarenreich die Unterwanderung erfunden? Kurzum: Wir waren kurz davor, diese Obdach- und Orientierungslosen als kommunsitische Leichenschänder zu verunglimpfen, als wir fogenden Text auf deren Website lasen: "Uns ist es wichtig, dass über diese Aktion berichtet wird. Egal was. Seien SIe ätzend, freuen Sie sich, finden Sie diese Aktion absolut dumm, zeitgerecht, mainstream oder intelligent. Uns ist völlig gleichgültig, wie Sie diese Aktion finden. Schreiben SIe darüber auf Twitter oder Facebook, in Ihrem Blog oder in Ihrer Zeitung. Mutmassen Sie, dass wir Kommunisten oder Kapitalisten seien, dass wir linke oder rechte Spinner seinen, unterstellen Sie uns, wir seien von der FDP beauftragt, neue Mitglieder zu gewinnen. Wichtig ist nur, dass Sie darüber reden. Das hilft uns nämlich sehr."

   So macht kritischer Journalismus keinen Spass mehr. Wenn man offene Türen einrennt, wenn man mit dem erhobenen Zeigefinger in Watte stösst, wenn man zum Nörgeln geradezu ermuntert wird, dann fühlt man sich missbraucht.



   Dann machen wir halt den Wulff fertig, dachten wir. Rücktritt noch vor Weihnachten, das war unser Ziel. Die Sache fing auch gut an, aber dann hat dieser Wulff wirklich die allerfieseste Verteidigungsstrategie gewählt: Was, Sie wollen die Kreditverträge für mein Privathaus sehen? Hier, bitte schön! Und da ist noch die Auflistung all meiner Urlaube bei Freunden. Volles Verständnis meinerseits, meine Damen und Herren, Transparenz ist in einer Demokratie wichtig. Und entschuldigen Sie bitte die Umstände, die ich Ihnen mache. Ich hätte mich da wirklich früher erklären müssen, das sehe ich jetzt ein. Wenn Sie noch Fragen haben, einfach anrufen!

   Gut, dachten wir, diese Umarmungstaktik wird ihm nicht viel helfen, wenn die Opposition ihren Job macht. Aber nicht mal der allerletzte Hinterbänkler lies sich dazu bewegen, den Rücktritt des Bundespräsidenten zu fordern. Und warum? Weil sie sich alle nicht die Weihnachtsferien versauen wollten! Wäre der Bundespräsident zurückgetreten, hätte man innerhalb von nur drei Wochen einen neuen wählen müssen. 620 Mitglieder der Bundesversammlung wären zu bestimmen gewesen. Frau Merkel hätte dann nicht in Ruhe ihre Gans in der Uckermark braten können. Sie hätte sich mit Sigmar Gabriel (SPD) auf einen Kandidaten einigen müssen. Beide wären tagelang nur am Telefon gehangen.

   Rund um Weihnachten ist das Leben eben doch ein Ponyhof. Aber so ein Ponyhof. das ist kein Leben.
 

 

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